das ding, das kommt
: Stell dir vor, es ist Krieg, und nur die Maschine fliegt hin

Kampfdrohnen solle die Bundeswehr nicht anschaffen, finden Bremer Pastor*innen. Und reaktivieren einen sieben Jahre alten Protestbrief Foto: McPhoto/imago

Bremer Pastor*innen kritisieren, dass wegen Corona nicht die Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr ausfallen soll – wohl aber die im Koalitionsvertrag ausgemachte „ausführliche völkerrechtliche, verfassungsrechtliche und ethische Würdigung“ der Frage. Darum haben sie einen Protestbrief von 2013 aus dem Archiv geholt und erneut ans Verteidigungsministerium geschickt. 90 Pastor*innen haben inzwischen unterschrieben.

Es ist ja auch eine furchtbare Vorstellung, dass einen hoch vom Himmel her eine Maschine umbringt, ein Robotermonster aus dem Arsenal pessimistischer Science-Fiction von Terminator bis Matrix. Ja, selbst im hochgradig technophilen Star-Wars-Franchise werden die Dinger vor allem von den Bösen benutzt. In seinem Buch „Demonen“ hat Theaterkünstler Olaf Arndt herausgearbeitet, wie Science-Fiction und die Waffenmeister der Sicherheitsbehörden einander wechselseitig inspirieren: Ausgedachte Zukunftswaffen werden fürs Kino im Style der schon vorhandenen designt – während umgekehrt die Realität dem nacheifert, was Fantasie schon kann.

Die Debatte um Drohnenkriege ist jedenfalls älter als die Drohne selbst. „Leider hat dieser sieben Jahre alte Protestbrief seine Aktualität nicht verloren“, stellt auch Hartmut Drewes, Pastor im Ruhestand, der Neuauflage des Bremer Briefs voran. Drohnen unterstützten „eine fortschreitend entmoralisierte, völlig emotionslose Einstellung der Bediener dieser Waffe“.

Darüber ließe sich streiten. Werden nicht auch Drohnenpilot*innen am Schreibtisch posttraumatische Belastungsstörungen diagnostiziert? Zynisch könnte man fragen, ob es wirklich schlimmer ist, emotionslos erschossen zu werden als von einem, dem dabei Adrenalin aus Ohren, Mund und Nase läuft. „Eine Cybermentalität wird gesellschaftsfähig gemacht“, heißt es weiter, und das gilt wohl im Guten wie im Schlechten. Drohnen haben einen beachtlichen Imagewandel vollzogen: vom lautlosen Killer der Lüfte zum Bastelprojekt für Jugendliche und Männer in der Midlifecrisis. Gäbe es nicht juristische Einwände, kämen längst auch Lieferungen von Onlineversandhaus und Pizzaservice geflogen.

Wo grundrechtliche Bedenken wegen Corona aber eh lax gehandelt werden, tun sich auch für die innere Sicherheit neue Ideen auf: Im ganz normalen Nachrichtenprogramm war kürzlich von Drohnen zu hören, die aus der Luft Herzfrequenzen messen und bestimmte Bewegungsabläufe als Husten erkennen können. Hier und da suchen Polizeidrohnen in Parks nach „Coronapartys“ und verwarnen per Lautsprecher. Auch die Gewerkschaft der Polizei weiß um das Angstbild. Sensibel müsse man da sein, sagt ihr stellvertretender Bundesvorsitzender zur dpa: „Drohnen sind ein neues Einsatzmittel und könnten bei vielen Bürgern den Eindruck erwecken, wir seien auf dem Weg in den Überwachungsstaat.“ Streitbar, ob hier wirklich nur ein Eindruck das Problem ist. Und obwohl auch das Schreckensbild der Bremer Pastor*innen etwas unscharf sein mag: Austragen müsste man die Debatte schon – und genau das fordern sie ja gerade. Jan-Paul Koopmann