Wiederöffnung der Schulen in Berlin: „Recht gechillter Start“

Seit Montag sind die ZehntklässlerInnen zurück in den Schulen; weitere Klassen sollen bald folgen. Erst dann wird sich zeigen, ob das Konzept aufgeht.

Schüler sitzen mit Mundschutz in einer Klasse

Schulalltag in Coronazeiten: Schön viel Abstand, wer will auch mit Mundschutz Foto: Sven Hoppe

BERLIN taz | Rund 28.000 ZehntklässlerInnen sind am Montag in Berlin an ihre Schulen zurückgekehrt – und der erste Schultag nach Corona-Homeschooling verlief in den meisten Schulen offenbar gut. „Das war alles recht gechillt heute, wie meine Schüler sagen würden“, sagte Miriam Pech, Schulleiterin an der Heinz-Brandt-Oberschule in Weißensee und Vorsitzende der Berliner Vereinigung der ISS-Schulleiterinnen und -Schulleiter, am Montag der taz.

Sie habe die insgesamt 104 ZehntklässlerInnen in eine Vormittags- und eine Nachmittagsgruppe geteilt. Die jeweils rund 50 SchülerInnen würden „zeitversetzt“ ins Gebäude gelassen, um die Abstandsregeln auf den Fluren einzuhalten. „Da war jeder da, wo er sein sollte.“

Mit den ZehntklässlerInnen ist der erste Jahrgang nach der Schließung der Schulen am 17. März wieder zurück in den Schulen. Berlin ist damit früh dran, die anderen Länder starten erst kommende Woche wieder mit einzelnen Jahrgängen. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) wollte die 10. Klassen zuerst zurückholen, weil die – ein Berliner Sonderweg – Extra-Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss (MSA) schreiben. Die Tests wurden inzwischen allerdings, nach vereintem Protest von SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen, abgesagt. Nur die mündlichen Präsentationsprüfungen sollen noch stattfinden – sofern das nicht bereits geschehen ist.

Eine sinnvolle Entscheidung, wie sich auch am Montag gezeigt habe, sagte Schulleiterin Pech: „Die Schüler waren ja in den letzten Wochen genauso belastet wie wir Erwachsene, da gab es jetzt vor allem erst mal Redebedarf: Wie lief es zu Hause für den Einzelnen?“

Miriam Pech, Schulleiterin

„Heute gab es vor allem Redebedarf: Wie lief es zu Hause?“

Auch Gunilla Neukirchen, Schulleiterin am Lankwitzer Beethoven-Gymnasium und Vorsitzende der Vereinigung der Berliner Schulleiterinnen und Schulleiter in der Gewerkschaft GEW, sagte: „Die Jugendlichen hatten sehr viel Redebedarf.“ Insbesondere das Abstandhalten sei vielen merklich schwergefallen. „Da muss man sich jetzt rantasten.“

Hygieneplan sieht keine Maskenpflicht vor

Am Freitag hatte die Bildungsverwaltung einen Musterhygieneplan für die schrittweise Öffnung der Schulen veröffentlicht. Der sieht im Wesentlichen drei Punkte vor: Händewaschen, Mindestabstand einhalten und eine Extra-Reinigung von Handläufen, Türklinken etc. Eine Maskenpflicht gibt es nicht.

Das klappe auch alles bisher, sagt Pech. „Wir haben einen mobilen Spender mit Desinfektionsmittel aufgehängt, und während der Mittagessenszeit wird geputzt und desinfiziert.“ Bei 50 SchülerInnen gebe es auch noch keine größeren Wartezeiten vor den Waschräumen. Insgesamt 2,5 Liter Desinfektionsmittel hat sie über den Bezirk bisher bekommen. „Mal sehen, wie weit das reicht.“ Ihre Kollegin Neukirchen wagt allerdings „zu bezweifeln“, dass die Reinigungsfirmen tatsächlich Kapazitäten haben für eine Extra-Desinfektion von kritischen Oberflächen.

Kritisch sehen die Schulleitungen indes eine weitere jahrgangsweise Öffnung: Bereits am 4. Mai sollen die neunten Klassen an den Sekundarschulen folgen; dann sei sie platztechnisch an der „absoluten Kapazitätsgrenze“, sagte Pech. Sie könne jeweils maximal acht SchülerInnen in einen Raum setzen. Eine solche Teilung der Klassen koste natürlich Personal – das sie nicht habe, weil ein Viertel der Kollegenschaft Risikogruppe sei oder mit der Betreuung im Homeschooling zu tun habe

LehrerInnen kritisieren Bildungssenatorin Scheeres

Ähnlich hatte sich auch der Vorsitzende der Vereinigung der Oberstudiendirektoren, Ralf Treptow, am Montagmorgen im RBB geäußert: eine weitere jahrgangsweise Rückholung sei wenig sinnvoll. Besser sei es, sagen sowohl Pech als auch Treptow, diejenigen SchülerInnen gezielt zurückzuholen, die zu Hause weniger gute Lernmöglichkeiten haben. „Jede einengende Vorgabe des Senats geht da an der Realität vieler Schulen vorbei“, sagt auch Neukirchen. „Warum zum Beispiel müssen die 10. Klassen nächste Woche noch reinkommen, wenn der MSA abgesagt ist und die Präsentationsprüfungen an vielen Schulen auch schon vorbei sind?“

„Ab dem 4. Mai sind es gerade mal noch 30 Schultage bis zu den Sommerferien“, sagt der Berliner GEW-Vorsitzende Tom Erdmann. Das Unterrichten nach Rahmenlehrplan könne man für dieses Halbjahr ohnehin vergessen. „Da macht es pädagogisch mehr Sinn, einzelne Gruppen als ganze Jahrgänge zurückzuholen.“

Nach taz-Informationen soll der weitere Fahrplan für die Schulöffnungen am Dienstag Thema im Senat sein. Bisher ist vorgesehen, dass am kommenden Montag die 6. Klassen in die Grundschulen zurückkommen sowie die 11. Klassen in die Gymnasien und die 9. Klassen an die Sekundarschulen. Dass die 5. Klassen am 11. Mai wieder starten sollen, bestätigte die Bildungsverwaltung auf Anfrage bisher nicht.

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