Produktion von Atemschutzmasken: Peking baut das Monopol aus

China versorgt die Welt inzwischen fast allein mit Coronamasken. Der Kampf ums Geschäft wird hart geführt – die gelieferte Ware ist oft mangelhaft.

Menschen in Schutzanzügen und mit Masken vor großen Haufen Schutzmasken

Produktion von teils zweifelhafter Qualität Foto: Han Guan/AP/dpa

PEKING taz | Während in Fernost das Tragen von Gesichtsmasken auch während herkömmlicher Grippewellen durchaus üblich ist, taten sich Europäer sichtbar schwer mit den lästigen und zwickenden Stofffetzen im Gesicht. Mittlerweile werden jedoch auch in Europa reihenweise Maskenpflichten und -empfehlungen im öffentlichen Raum eingeführt, ab Montag gelten sie auch in Deutschland.

Schon vor der Krise hat China rund die Hälfte aller Schutzmasken weltweit produziert. Nun soll der Anteil laut einer Einschätzung von Morgan Stanley bei etwa 85 Prozent liegen. Schon früh erkannten viele chinesische Unternehmer das Potenzial – und reagierten, auch dank staatlicher Anreize, blitzschnell: Bis Ende Februar stießen 9.000 Firmen auf den Markt der Maskenproduzenten.

Die chinesischen Produzenten nutzen ihre Machtposition aus: Normalerweise ist es Usus, dass erst nach Erhalt der Lieferung gezahlt wird. Derzeit sind jedoch ohne 100-prozentige Überweisungen auf Vorkasse keine Deals denkbar. Oft wird selbst bei bereits abgeschlossenen Übereinkünften noch probiert, den Preis in die Höhe zu treiben. Mitbieter sind ständig in Lauerstellung. Europäische Firmen und Landesregierungen nutzen gezielt ihre Kontakte vor Ort, um den Bedarf an Masken zu decken. Ein deutsches Unternehmen mit Präsenz in China antwortet auf Nachfrage, es musste einige Mittelsmänner „abblitzen lassen“, weil diese selbst „groß mitverdienen“ wollten.

Das Wall Street Journal berichtet von einem westlichen Forschungsinstitut, das eine fünfstellige Dollar-Summe überweisen musste, ehe es überhaupt eine potenzielle Lieferung an medizinischen Lüftern vor Ort inspizieren durfte. Bürokratische Regierungen, die nicht einfach flexibel mit Steuergeldern umgehen können, ziehen bei solchen Verfahren oft den Kürzeren. Generell ist das Vorgehen der chinesischen Firmen bemerkenswert, schließlich sind die Behörden im Land strikt gegen Wucherer vorgegangen. Händler, die Masken überteuert angeboten haben, mussten Geldstrafen zahlen oder kamen sogar ins Gefängnis.

Eine öffentliche Schmach

Zudem haben sich bereits Dutzende Regierungen über mangelhafte Ware aus China beschwert. Mehrere Länder, darunter Spanien, Kanada, die Niederlande, Tschechien sowie die Türkei, hatten zuletzt Hunderttausende minderwertige chinesische Schutzausrüstungsprodukte zurückgerufen. Für die chinesische Regierung sind solche Meldungen eine öffentliche Schmach. Sie hat bereits versprochen, die Qualitätssicherung hochzufahren und Zollkontrollen zu verstärken. Bis Freitag gab es Inspektionen in rund 16 Millionen Unternehmen, so eine Sprecherin des chinesischen Ministeriums für Industrie und Handel am Sonntag.

Neben den Schutzmasken seien dabei rund 418.000 Schutzkleidungsprodukte sowie wirkungsloses Desinfektionsmittel mit einem Verkaufswert von insgesamt mehr als 7,6 Millionen Yuan (rund eine Million Euro) beschlagnahmt worden, hieß es weiter. Es blieb zunächst unklar, wie viele der beschlagnahmten Waren für den Export bestimmt waren. Am Samstag verkündete die chinesische Regierung schärfere Regeln, um internationalen Qualitätsstandards gerecht zu werden – auch bei nicht medizinischem Mundschutz. Exportunternehmen müssen demnach künftig eine schriftliche Erklärung einreichen, wonach ihre Produkte den Sicherheitsbestimmungen des Ziellandes entsprechen.

VW macht jetzt Volksmasken

Unter diplomatischen Kreisen in Peking herrscht zudem Unmut, dass es überhaupt zu einem solch drastischen Mangel in Europa kam: Auf dem Höhepunkt der Epidemie in China hat die Pekinger Regierung nicht nur Exporte temporär verboten, sondern auch den europäischen Markt nahezu leergekauft. Ein Vorwurf ist der Kommunistischen Partei sicher nicht zu machen, sehr wohl jedoch den europäischen Regierungen, die angesichts der bevorstehenden Gesundheitskrise vor der eigenen Haustür den Hamsterkäufen nicht eher den Riegel vorgeschoben haben.

Der Wolfsburger Autoproduzent Volkswagen hat sein Schicksal nun gewissermaßen in die eigenen Hände genommen. In seinem Werk in Tianjin unweit von Peking stellt VW nun selbst Schutzmasken her, die dann für die firmeneigenen Angestellten nach Europa geschickt werden. Bis zu 400.000 Masken werde man pro Woche produzieren, die erste Lieferung steht Anfang Mai an. In einer Stellungnahme von VW China heißt es, dass das Tragen von Masken ein entscheidender Grund dafür gewesen sei, dass das Unternehmen unter seinen 100.000 Arbeitern in China bisher keinen einzigen Covid-19-Fall hatte.

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