Alkohol- und Tabakverbot in Südafrika: Nüchterner Kampf gegen Corona

In Südafrika grassiert der Alkoholismus. Den will die Regierung in der Coronakrise gleich mit beseitigen. Das scheint zu wirken.

Soldaten gehen hinter einem kleinen Kind in einem Township.

Kontrollen im Township in Johannesburg und Verbot von Alkoholverkauf – Südafrika handelt strikt Foto: Jerome Delay/ap

JOHANNESBURG taz | Mit seiner Ausgangssperre gegen das Coronavirus will Südafrika zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Es geht nicht nur um das unsichtbare Virus, sondern auch um den nur allzu sichtbaren Alkoholismus, der in Südafrika so viele Tote durch Krankheiten, Verkehrsunfälle, Mord und Gewalt fordert, dass das Land weltweit mit an der Spitze der Verbrechensstatistiken steht und 10.000 Menschen pro Jahr an alkoholbedingten Krankheiten sterben.

Seit fünf Wochen herrscht jetzt nicht nur Ausgangssperre, sondern auch ein Verbot des Alkoholverkaufs. Die erste Folge war vorhersehbar: Die bestehenden Ladenbestände an alkoholischen Getränken wurden geplündert, teils in Zusammenarbeit mit als korrupt bekannten Polizisten.

Die zweite Folge: ein Schwarzmarkt für Alkohol sowie die ebenfalls verbotenen Tabakwaren entstand, trotz angedrohter Haftstrafen. Beim Vorgehen dagegen hat es Übergriffe von Polizisten und Soldaten gegeben, allerdings auch von Konsumenten mit erhöhtem Rauschpegel.

Der Getränkewirtschaftsverband der bevölkerungsreichsten Provinz Gauteng, „Gauteng Liquor Forum“, zog daher vor das Verfassungsgericht. Das Alkoholverbot sei „das Epizentrum der Probleme unserer Kunden“, so der Verband, der 20.000 Unternehmer vertritt, einschließlich der als „shebeens“ bekannten informellen Township-Bars. Diese Geschäftsleute hätten jetzt kein Einkommen.

Alkoholverbot entlastet Krankenhäuser

Auch Südafrikas Bierverband hat Präsident Cyril Ramaphosa aufgefordert, das Verbot aufzuheben. Aber er lehnt das ab. „Die Einschränkungen werden bleiben“, erklärte das Büro der Präsidentschaft, und die Staatsanwaltschaft trat der Klage des Gauteng-Verbandes offiziell entgegen: „Alkohol ist an sich kein lebenswichtiges Gut, sondern tatsächlich ein Hindernis im Kampf gegen das Coronavirus“, so ihre Stellungnahme.

Der nationale Coronavirus-Rat NCCC (National Coronavirus Command Council) steht hinter dem Alkoholverbot, das nachweislich bereits zu einem Rückgang von Gewaltkriminalität und Straßenunfällen geführt habe. Dies entlaste Krankenhäuser und Notaufnahmen und vergrößere damit die Kapazitäten zur Behandlung von Covid-19-Patienten.

Mit aktuell 3.635 bestätigten Infektionsfällen und 65 Toten ist Südafrika das am stärksten von der Pandemie betroffene Land Afrikas hinter Ägypten. „Die Erfahrungen aus dem Rest der Welt zeigen uns, dass Krankenhäuser darauf vorbereitet sein müssen, große Zahlen an Covid-19-Patienten aufzunehmen, zu behandeln und sie von nichtinfizierten Patienten zu isolieren“, so das NCCC.

Laut Polizeiminister Bheki Cele gab es im vergangenen Monat nur noch 94 Morde in Südafrika, verglichen mit 326 im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Vergewaltigungen seien von 699 auf 101 zurückgegangen, gewaltsame Überfälle von 2.673 auf 456. Laut Verkehrsminister Fikile Mbalul starben im österlichen Straßenverkehr dieses Jahr nur 28 Menschen – Ostern 2019 waren es 162.

Das „Gauteng Liquor Forum“ hat nun bei seinen rechtlichen Schritten eine Pause eingelegt.

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