Corona-Virus im Kosovo: Da geht was zusammen

Die Pandemie entschärft die ethnischen Konflikte zwischen Serben und Albanern. Das ist auch ein Verdienst der Regierung von Kosovos Premier Kurti.

Drei Menschen mit Schutzmasken schauen aus einem Zelt

Untersuchung von Covid-19 Patienten in einem Zelt in Pristina im Kosovo Foto: Laura Hasani/reuters

SPLIT taz | Derzeit ist er einer der beliebtesten Politiker in Kosovo. Der 46-jährige Arzt und Universitätsprofessor Arben Vitia von der linken Reformpartei Vetevendosje – Selbstbestimmung versucht als Gesundheitsminister der provisorischen Regierung die Ausbreitung des Coronavirus in Kosovo zu stoppen.

Das ist nicht leicht in einem armen und noch unter den Folgen des Krieges der 90er-Jahre leidendem Land, in dem das Gesundheitssystem danieder liegt. Und Vitia versucht sogar, die ethnischen Konflikte zwischen Serben und Albanern während der Pandemie zu überwinden.

Zwar wurde die neue Regierung unter Premier Albin Kurti, die versprochen hatte, auch das Gesundheitssystem wieder auf Vordermann zu bringen, vor wenigen Tagen durch den Absprung des Koalitionspartners, der Mitte-rechts-Partei LDK gestürzt. Doch Arben Vitia kann als Mitglied der geschäftsführenden Minderheitsregierung zunächst weitermachen.

Gleich zu Beginn der Maßnahmen Mitte März wurde ein strenges Ausgehverbot erlassen. Vor allem für die Bewohner der Hauptstadt Pristina ist es fast traumatisch, täglich nur für 90 Minuten die Wohnung verlassen zu dürfen.

Kurti bezieht serbische Minderheit mit ein

Doch was den Minister auszeichnet, ist seine transparente Informationspolitik. Das sind die Menschen nicht gewohnt, denn die vorherigen Regierungen versuchten Konflikte meist unter den Teppich zu kehren. Im Wissen um den Zustand des Gesundheitssystems will die neue Regierung hart, aber transparent, durchgreifen.

Ist es dieser Politik zu verdanken, dass die veröffentlichten Zahlen mit 604 Infizierten, 128 Genesenen und 18 Toten (Stand 22. April) nicht so ganz dramatisch klingen? Vielleicht. Was Vitia und der Regierung Albin Kurti jedoch ebenfalls gelang, ist, die serbische Minderheit und andere Minderheiten in dem vor allem von Albanern bewohnten Land in eine Gesamtstrategie einzubeziehen.

Von Anfang an betonte Premier Albin Kurti, dass alle Bürger gleich behandelt würden

Noch sind nicht alle Wunden des Krieges verheilt. Aber seit der Unabhängigkeit Kosovos von Serbien 2008 verfügen die serbisch dominierten Gemeinden in 13 Enklaven mit rund 120.000 Einwohnern bei 2 Millionen Gesamtbevölkerung über weitgehende Selbstverwaltungsrechte, so im Gesundheitswesen und im Schulsystem.

Sie sind nominell in die Strukturen des kosovarischen Systems einbezogen – nur die serbischen Gebiete im an Serbien grenzenden Norden, in Nordmitrovica, bilden eine Ausnahme. Eine ernsthafte Nagelprobe für die Zusammenarbeit gab es aber noch nicht.

Geste guten Willens

Sie ist jetzt da. Von Anfang an betonten Albin Kurti und Arben Vitia, dass alle Bürger gleich behandelt würden. Kurti, dem vorgeworfen wurde, er sei ein (Links-)Nationalist, erklärte, Serben hätten die gleichen Rechte wie alle anderen Bürger. „Serbien hat wohl geglaubt, dass eine Regierung von Vetevendosje keine Kosovoserben auf das Virus testen würde. Serbien war aber erstaunt, dass wir die Bevölkerung nicht nach ethnischer Zugehörigkeit einteilen“, erklärte er kürzlich.

Dass Serbien 1.000 Covid-19-Tests an das Kosovo und nicht speziell an serbische Gemeinden geliefert habe und Dutzende serbische Ärzte in Kosovo aktiv werden, sei eine Geste des guten Willens.

Dass es der Regierung Kurti gelungen ist, das Verhältnis von Kosovoalbanern und Kosovoserben zu entspannen, ist für Repräsentanten der Vorgängerregierung schwer zu ertragen. Sie werfen Kurti vor, Belgrad Einfluss in Kosovo zu verschaffen.

Im Gegensatz dazu loben Kosovoserben die Politik Kurtis und seines Gesundheitsministers. Auch ein Großteil der kosovoalbanischen Bevölkerung trägt diese Politik mit. Beobachter aus der Zivilgesellschaft schätzen, dass Kurti bei Neuwahlen an Stimmen zulegen würde.

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