Corona-Bonus bei Schulnoten: Mamas Dreisatz zählt nicht

Die Ungleichheit an den Schulen wird jetzt noch größer. Der Vorschlag der GEW, benachteiligten Schülern einen Bonus beim Zeugnis zu geben, ist gut.

Ein Junge bekommt Unterstützung von seiner großen Schwester beim Lernen Foto: Petra Schneider/imago

In Krisenzeiten ist es in der Regel so, dass die mit dem dicksten Polster und den größten Reserven am besten über die Runden kommen. Das gilt in der Coronakrise in besonderem Maße auch für SchülerInnen: Die, die zu Hause ohnehin Ressourcen haben, aus denen sie schöpfen können – engagierte Eltern, einen internetfähigen Computer, eine gewisse Tages- und Lernstruktur, Geld für Nachhilfe –, werden die wochenlang geschlossenen Schulen problemlos wegstecken. Die, die das alles nicht haben – eben nicht, davon darf man einfach mal ausgehen.

Anders gesagt: Es wird noch ungerechter als ohnehin schon in den Schulen zugehen. Denen, die haben, wird gegeben – nämlich gute Noten und eine Versetzung ins nächste Schuljahr. Für alle, die fünf Wochen – vielleicht werden es auch mehr sein – weit weg von Dreisatz und Rechtschreibfitness verbracht haben, wird es noch schwerer sein als in Zeiten vor Corona. Die ohnehin vorhandene Chancenungleichheit an den Schulen wird noch größer werden. Zu pessimistisch? Hoffen wir’s mal. Tatsächlich wird es jetzt darauf ankommen, wie beweglich und kreativ die Kultusministerien sind. Der Vorschlag der Lehrergewerkschaft GEW, benachteiligten SchülerInnen einen „Coronabonus“ auf die Zeugnisnote zu schlagen, ist deshalb gerade richtig gedacht.

Zwar ist noch unklar, was sich die Gewerkschaft darunter eigentlich genau vorstellt – die Bewertung bei einigen Schülern einfach auszusetzen, wird es wohl kaum sein, das würde eine intransparente Bevorzugung nur begünstigen.

Aber über das Wie könnten die Kultusminister sich ja gemeinsam den Kopf zerbrechen – gemeinsam, weil von einem ebensolchen Vorgehen auch abhängen wird, wie entschlossen und zügig in den einzelnen Ländern tatsächlich agiert werden wird.

Klar ist nur: Alle Leistungen, die die SchülerInnen in den „Coronaferien“ beim Homeschooling erbracht haben, sollten nicht zensiert werden. Wenn Mama und Papa den Dreisatz beherrschen, ist das schön für sie, zählt aber nicht.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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