Medizinische Versorgung für Geflüchtete: Die gleiche Angst vor dem Virus

Keinen Notarzt zu rufen, wenn ein Mensch Hilfe braucht, und die zu bestrafen, die dagegen protestieren, ist zynisch.

Ein Mann mit Mundschutz hält ein Transparent

Für ein Recht zu bleiben: Demo in Mecklenburg-Vorpommern Foto: Jens Büttner/dpa

Was macht das wohl mit Menschen? Hinter Zäunen auf einen Notarzt zu warten und der kommt einfach nicht? Sich an die Betreiber der Unterkunft zu wenden, davon zu berichten, dass ein Bewohner Fieber hat, und an Mitarbeiter:innen zu geraten, die die eigene Angst nicht ernst nehmen? Die erst reagieren, wenn man so laut ist, dass man nicht mehr ignoriert werden kann. Was macht das mit dem Vertrauen?

Der Betreiber der Unterkunft, die Malteser Werke, erkennt den Betroffenen mit seinem Verhalten ihre Menschlichkeit ab. Das wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass die Geflüchteten für ihren Protest auch noch bestraft werden. Steckt dahinter die Haltung, dass sie kein Recht dazu hatten, die medizinische Hilfe einzufordern?

Alle Menschen haben Angst davor, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, vielleicht auf die Intensivstation zu kommen oder Familienmitglieder, die zur Risikogruppe gehören, zu verlieren. Wir alle gehen auf Distanz, schränken unser soziales Leben ein, um die, die wir lieben, zu schützen. Geflüchtete, die in so großen Unterkünften leben, können das nicht.

In Wohnungen unterbringen

Manche teilen sich die Zimmer, viele das Bad. Sie können nicht weg. Sinnvoll wäre es, Geflüchtete aus Sammelunterkünften auf die Kommunen zu verteilen. In eigene Wohnungen. Natürlich nachdem sie auf das Virus getestet wurden, um auszuschließen, dass sie es verbreiten. Dafür fehlt der politische Wille. Man will schließlich keine falschen Anreize setzen. Menschen mit angeblich geringer Bleibeperspektive keine „Geschenke“ machen.

Vor diesem Hintergrund ist es das Mindeste, dass Geflüchtete im Akutfall schnellen Zugang zu medizinischer Versorgung bekommen. Es ist ganz einfach: Diejenigen, die in so großen Unterkünften leben, sind Menschen. Sie haben die gleichen Ängste wie wir alle. Sie sind keine Nummern oder Formulare. Es wird Zeit, dass wir sie auch so behandeln.

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War bis Dezember 2022 Redaktionsleiterin der taz nord. Davor Niedersachsen Korrespondentin der taz. Schwerpunkte sind Themen wie Asyl und Integration, Landwirtschaft und Tierschutz.

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