Krisen-Check
: Tonny Nowshinbelasten die Corona-Folgen für Bangladesch

Foto: privat

Müsste ich mir eine Apokalypse aussuchen, würde ich die Corona- der Klimakrise vorziehen. Wenigstens betrifft Corona nur uns Menschen und gibt uns Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie viel Platz wir auf dem Planeten einnehmen, wie wir mit anderen Lebewesen umgehen.

Ich habe trotzdem emotional mit der Pandemie zu kämpfen – wie wir alle. Was mich am meisten belastet, ist die Situation zu Hause. Ich komme aus Bangladesch. Die meisten Länder waren ja nicht auf eine Pandemie vorbereitet, wie man am Beispiel der USA momentan sieht. Aber im Globalen Süden fehlen die Ressourcen, um damit fertigzuwerden. Zu Hause zu bleiben bedeutet für einen großen Teil der bangladeschischen Bevölkerung zu verhungern. Denn wir haben einen riesigen informellen Sektor mit Tagelöhnern wie zum Beispiel Rikschafahrern, die von ihrem täglichen Einkommen leben. Quarantäne heißt für sie: kein Geld, also nichts zu essen. Das ist Krise auf einem anderen Level. Und wenn ich die Nachrichten und Zahlen sehe, sehe ich das Leid dahinter. Nicht jeder kann verstehen, was für ein emotionaler Stress das ist. Aber ich will auch kein Mitleid. Ich versuche weiterzuarbeiten.

In den letzten zwei Jahren haben wir versucht, den weltgrößten Mangrovenwald zu retten, der in Bangladesch steht. Er wird von den Plänen für das Kohlekraftwerk Rampal und dessen Infrastruktur bedroht. Heute starten wir eine Petition gegen die deutsche Firma Fichtner, die die technische Beratung macht und in den Bau involviert ist. Wir möchten, dass sie sich aus dem Projekt zurückzieht.

Was machen Klimaaktivist*innen eigentlich jetzt, wo sie die Coronakrise des öffentlichen Auftritts beraubt? Abwarten? Oder nachdenken, recherchieren, sich neu erfinden, Bündnisse schmieden? Das Klimahub will es genau wissen und hat dafür ein Format für den Instagram-Kanal der taz entwickelt. Dort führen Leonie Sontheimer und Céline von Weimar-Dittmar aus dem Homeoffice regelmäßig kurze Live-Interviews mit Aktivist*innen aus der ganzen Welt. Wer will, kann nicht nur zuschauen, sondern auch eigene Fragen schicken. Die Interviews erscheinen anschließend als Mitschnitte auf IGTV – und in einer Auswahl wöchentlich als Protokoll auf der taz-Klimaseite. Bislang berichtete neben Tonny Nowshin auch die 14-jährige Maira Kellers aus Deutschland.

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Was die Pandemie betrifft, hoffe ich, dass wir danach nicht einfach wieder in „die Normalität“ zurückgehen. Diese Krise macht einmal mehr deutlich, dass unsere Gesellschaft nicht uns Menschen schützt, wenn die Politik Rettungsschirme eher für Banken vergibt. Aber jetzt im Stillstand reflektieren wir darüber, was uns wichtig ist. Und das kann sehr wirkmächtig sein. (Protokoll: Leonie Sontheimer)