Flüchtlingsunterkunft unter Quarantäne: Polizeifotos für Rechte

Nach dem Einsatz im Flüchtlingsheim Halberstadt landeten Polizeifotos im Netz. Es wird intern ermittelt. Die Lage im Heim spitzt sich indes zu.

Ein Polizeiauto steht vor der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber in Halberstadt

Die Flüchtlingsunterkunft steht unter Quarantäne und wird rund um die Uhr von der Polizei bewacht Foto: Matthias Bein/dpa

HALBERSTADT taz | Eine extrem rechte Gruppe hat Fotos im Internet gepostet, die ein Polizist bei einem Einsatz in einem unter Quarantäne gestellten Flüchtlingsheim gemacht hat. Am 27. März wurde die Zentrale Anlaufstelle für Asylsuchende in Halberstadt wegen Coronafällen isoliert. Die Polizei stellte an diesem Tag Absperrgitter zwischen einzelnen Gebäuden des Heims auf.

Kurz darauf erschienen Fotos von dem Einsatz auf dem Facebook-Account der Gruppe „Stadt Querfurt – ohne politische Zensur“. Der Account ist offenkundig dem extrem rechten Spektrum zuzurechnen und postet Inhalte, die Geflüchtete, die Asylpolitik und die „Altparteien“ diskreditieren sollen. Dabei geht es auch um Verschwörungstheorien, wonach die Coronapandemie benutzt wird, um Flüchtlinge ins Land zu schleusen. Auf dem Account ist etwa zu lesen, es brauche in diesem Land „mutige Bürger, die die roten Ratten dorthin jagen wo sie hingehören – in ihre Löcher“.

Die Antifa-Recherchegruppe „LSA Rechtaußen“ rechnet den „Querfurt“-Account dem Umfeld des wegen versuchten Mordes verurteilten Reichsbürgers Adrian Ursache zu.

Die Polizeiinspektion Magdeburg bestätigte der taz am Montag, dass die Fotos von einem Beamten der Polizeiinspektion Zentrale Dienste Sachsen-Anhalt gefertigt wurden. Wie sie auf das Facebook-Profil gelangten, werde noch ermittelt. „Es ist Bediensteten der Polizei Sachsen-Anhalt nicht erlaubt, private Bilder von dienstlichen Einsätzen zu fertigen“, sagte eine Polizeisprecherin. Die Polizeiinspektion habe ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Unterdessen spitzte sich die Lage in der Unterkunft am Montag weiter zu. Ein Teil der rund 840 Bewohner*innen setzte seinen am Samstag begonnenen Hungerstreik fort. Sie legten das abgepackte Essen auf den Boden und hielten Schilder mit dem Wort „Transfer“ hoch und stellten diese Bilder ins Internet. Am Mittag traf eine Delegation der Streikenden mit der Lagerleitung zusammen und wiederholte ihre Forderung nach Verlegung in dezentrale Unterkünfte.

Das Lager wird derzeit rund um die Uhr von Mannschaftswagen der Polizei bewacht. Laut Unterstützern aus Halberstadt verloren ein Kind und eine Frau am Montag das Bewusstsein und mussten ärztlich behandelt werden. Die Quarantäne in dem Lager gilt noch bis zum 8. April. Bis zum Freitag war die Zahl der dortigen Covid-19-Infizierten und direkten Kontaktpersonen auf 24 gestiegen. Das Lager ist in fünf Quarantäneblöcke aufgeteilt, die Menschen können die Gebäude nicht verlassen. Auch wenn es eine rudimentäre Essensversorgung durch eine zentrale Kantine gibt, sei die Versorgung „unzureichend und mangelhaft“, heißt es in einer Erklärung des antirassistischen Netzwerks Sachsen-Anhalt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.