Ein rumänischer Dissident

Der umstrittene Schriftsteller und Regimekritiker Paul Goma ist in seinem Pariser Exil gestorben

Paul Goma Foto: Zuma/imago

Der rumänische Schriftsteller Paul Goma ist in der Nacht auf den 25. März im Alter von 84 Jahren an den Folgen einer Corona-Infektion in einem Pariser Krankenhaus verstorben. Goma gehörte der Generation an, die in der Tauwetterperiode mit unkonventionellen literarischen Arbeiten debütierte.

Das Erscheinen seines Romans „Ostinato“ wurde von der Zensur verhindert. Auf Umwegen gelang es ihm, das Manuskript in den Westen zu schmuggeln. Die deutsche Übersetzung des Romans wurde von Suhrkamp herausgebracht und sollte 1971 im Beisein des Autors auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert werden. Dem von der deutschen Presse als „rumänischen Solschenizyn“ beschriebenen Autor verweigerten die rumänischen Behörden jedoch die Ausreise.

Der internationale Erfolg des Buches löste in den Reihen seiner Bukarester Schriftstellerkollegen eher Neid als Respekt aus. Die Geheimpolizei Securitate machte sich dieses Stimmungsbild zunutze und schürte die Ressentiments gegen Goma. Gezielt wurden die bestehenden Abneigungen von der Desinformationsabteilung der Securitate angeheizt, in der Absicht, Goma als einen untalentierten Schriftsteller darzustellen.

Goma, der 1956 seine Solidarität mit der ungarischen Revolution bekundet hatte und dafür zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden war, hatte sich nach seinem literarischen Durchbruch entschlossen, keine Kompromisse mehr einzugehen. Er wählte ab 1971 den Weg der offenen Konfrontation mit dem Ceauşescu-Regime. 1968 hatte er die scharfe Kritik Ceauşescus an der gewaltsamen Niederwerfung der tschechoslowakischen Reformkommunisten durch die Truppen einiger Warschauer-Pakt-Staaten noch offen bejubelt und war sogar Mitglied der Kommunistischen Partei geworden.

Obwohl er in den rumänischen Schriftstellerverband aufgenommen wurde, konnte er in seiner Heimat nichts mehr veröffentlichen. 1972 publizierte er im Suhr­kamp-­Ver­lag seine Erzählung „Die Tür“, 1976 kam in Frankreich sein autobiografisch eingefärbter Roman „Gherla“ heraus, in dem er seine Hafterlebnisse literarisch verarbeitete. Allerdings enthielt dieser Roman, dessen Titel identisch mit dem Namen einer berüchtigten stalinistischen Haftanstalt ist, einige rassistische und antisemitische Anspielungen, die aber seinerzeit von der Kritik ignoriert wurden. In literarisch verbrämten Dialogen heißt es, vorwiegend ungarische und russische Juden seien die „Kopfarbeiter“ der Securitate, während die „Zigeuner“ deren Drecksarbeit als Folterknechte in den Gefängnissen verrichten würden.

Der Höhepunkt der kritischen Auseinandersetzung mit dem Bukarester Regime erfolgte Anfang 1977. In einem offenen Brief solidarisierte er sich mit der tschechoslowakischen Charta 77. Dann veröffentlichte er einen offenen Brief an Ceauşescu. Goma wurde unter Hausarrest gestellt und zeitweilig inhaftiert. Ende 1977 ging er ins französische Exil. Nach der Wende kehrte er nie wieder nach Rumänien zurück.

Viele seiner Schriften enthalten antisemitische Passagen, in denen er die von dem rumänischen Diktator und Hitler-Verbündeten Ion Antonescu (1940–1944) eingeleitete Judenvernichtung leugnet. William Totok