Bizarrer Machtkampf in der AfD: Schlammschlacht bei den Rechten

Der AfD-Bundesvorstand hat den saarländischen Landesvorstand wegen Manipulationsvorwürfen abgesetzt. Jetzt schlägt dieser zurück.

Eine Blume mit Deutschlandfahne auf einem Tisch.

Blümchenwerden in der Afd im Saarland nicht mehr verteilt. Foto: Oliver Dietze/dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Der AfD-Bundesvorstand hat in einer Telefonkonferenz den saarländischen Landesvorstand abgesetzt, wegen„schwerwiegende Verstöße gegen die Grundsätze oder Ordnung der Partei“. Empört reagiert Josef Dörr, Chef der Landespartei und der Landtagsfraktion: „Die Vorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen. Wir haben sie schon widerlegt“, schimpft der 81-Jährige. Er habe sich nicht vorstellen können, dass man eine derart wichtige Entscheidung „am Telefon“ treffen würde, so Dörr zur taz.

Auch sein Vorstandskollege Rudolf Müller gibt sich überrascht. Der Landesvorsitzende und dessen Landesgeschäftsführer hätten am 22. November 2019 bei einer Anhörung des Bundesvorstands zu allen Vorwürfen Stellung bezogen. „Wir dachten, damit sei die Sache erledigt“, so Müller.

Die parteiinterne Opposition wirft Dörr und seinem Führungsteam vor, Mitglieder- und Delegiertenlisten und damit Wahlen und Listenaufstellungen der Partei manipuliert zu haben. Als einer ihrer Kronzeugen gilt der AfD-Landtagsabgeordnete Lutz Hecker. Als parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion kennt er die Arbeit seines Chefs aus nächster Nähe. „Josef Dörr hat aus der Landespartei eine Führerpartei gemacht“, so Hecker zur taz. So habe der Landesvorstand allein in seinem Kreisverband die Aufnahme von mehr als 30 neuen Mitgliedern blockiert, um sich Mehrheiten in den Parteigremien zu sichern.

Als „hirnrissig“ tut Dörr alle Vorwürfe ab. Er achte lediglich darauf, dass Rechtsextremen und charakterlich ungeeigneten Menschen die Aufnahme in die Partei verwehrt bleibe.

Einst wurde gar der ganze Landesverband fast aufgelöst

Der Konflikt in der Landespartei schwelt seit Jahren. Zuletzt war er bei der Listenaufstellung zur letzten Bundestagswahl eskaliert. Ein Landesparteitag hatte den Sohn des Vorsitzenden, Michel Dörr, zum Spitzenkandidaten bestimmt. Ein Mitglied focht die Wahl erfolgreich vor Gericht an. Im zweiten Anlauf setzte sich der promovierte Jurist Christian Wirth gegen Dörr junior durch. Wirth sitzt seit der Bundestagswahl als AfD-Abgeordneter im Bundestag und möchte wieder antreten.

Dörr senior gibt sich kampfesmutig. In einem mehr als hundert Seiten umfassenden Dossier habe er alle Vorwürfe widerlegt. Ein Gutachten, das Grundlage für die Entscheidung des Bundesvorstands war, nennt er eine „windige Sache“. Der Autor dieses Papiers habe in einem Rechtsstreit zuvor ein Parteimitglied gegen den Landesvorstand vertreten, sei also voreingenommen gewesen.

Zwar könne Dörr sich vorstellen, auf einem Landesparteitag einen neuen Landesvorstand wählen zu lassen. Einem Notvorstand werde er die Geschäfte aber nicht kampflos übergeben: Notfalls werde er auch vor ein ordentliches Gericht ziehen, „um meine Rechte durchzusetzen“, so Dörr zur taz.

Anders als 2016, als der Bundesvorstand versucht hatte, gleich den ganzen Landesverband aufzulösen, werden diesmal keine inhaltlichen Gründe vorgetragen. Damals waren der Landespartei zu enge Beziehungen zu NPD-Funktionären und Rechtsextremisten vorgeworfen worden.

Dass die Diskussionen über die Auflösung des „Flügels“ der Anlass für den neuen Konflikt sein könnten, hält Landessprecher Müller für unwahrscheinlich. Dessen Auflösung nennt er zwar überflüssig. Mit dem rheinland-pfälzischen AfD-Landtagsabgeordneten Joachim Paul hat indes der Bundesvorstand mindestens ein Mitglied zum Notvorstand für das Saarland bestellt, das nicht durch allzu große Distanz zum „Flügel“ aufgefallen ist.

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