Corona macht vergesslich

Am Tag gegen Rassismus erinnern Aktionen an die Opfer von Hanau

Von Peter Nowak

Die Straßen in Kreuzberg sind in der Corona-Krise menschenleer. Doch eine kleine Gruppe klebt am Freitagabend dennoch Plakate, auf denen die Gesichter der Opfer des rassistischen Anschlags vom 19. Februar in Hanau zu sehen sind. „Wir wollen verhindern, dass diese Menschen angesichts der aktuellen Angst vor der Pandemie vergessen werden“, sagte eine der an der Plakataktion beteiligten AktivistInnen. Wie in Kreuzberg erinnern auch in vielen anderen Berliner Bezirken Poster an den rechten Amoklauf von Hanau.

Die Plakataktion ist eine von vielen Aktionen zum Internationalen Aktionstag gegen Rassismus, der am Samstag stattfand. An diesem Tag wurde in den vergangenen Jahren in Rudow eine antirassistische Demonstration organisiert, weil dort eine aktive rechte Szene existiert. In diesem Jahr wollten die AntirassistInnen knapp einen Monat nach Hanau und angesichts der aktuellen Notlage der Geflüchteten in den überfüllten Camps an der griechisch-türkischen Grenze mit einer großen Demonstration ein Zeichen setzen. Diese musste nun wegen der Corina-Krise abgesagt werden.

Stattdessen gab es auch in Berlin, wie in vielen anderen Städten, antirassistische Aktionen, die auf Facebook und Twitter dokumentiert wurden. In Parks und Grünflächen wurden an Bäumen Banner mit der Aufschrift „Kein Platz für Nazis“ befestigt. In verschiedenen Stadtteilen wurden Transparente aufgehängt, die für den Fall, dass die Demo abgesagt wird, vorbereitet worden waren.

„Grenzen auf – Lager evakuieren“, heißt es etwa auf einem von der Klimaschutz-Initiative „Ende Gelände“ gestalteten Banner, das am Zaun rund um das Tempelhofer Feld angebracht wurde. Die Antifaschistische Vernetzung Lichtenberg brachte Transparente mit der Forderung nach offenen Grenzen an mehreren Häuserwänden im Stadtteil an.

Am Samstagabend wurde auf die Fassade des Zentralgebäudes des ehemaligen Flughafens Tempelhof der Schriftzug „Leave no one behind – Jede*r zählt“ projiziert. „Während seit Tagen viel über die Rückholaktion von deutschen TouristInnen in aller Welt zu hören ist, unterbleibt eine Luftbrücke, um die Menschen an der türkisch-griechischen Grenze nach Deutschland zu holen“, kritisiert eine Aktivistin.

Am Samstag soll der nächste Protest starten, aber aus den eigenen vier Wänden: Das Bündnis „Mietenwahnsinn stoppen“ ruft dazu auf, am 28. März um 18 Uhr mit Transparenten, Topfschlagen und Sprechchören vom Balkon aus gegen Verdrängung zu protestieren. Die geplante Demo wurde, wegen Corona, abgesagt.