Corona-Pandemie in Bayern: Wir müssen drin bleiben

In Bayern gelten seit Freitag die bundesweit strengsten Ausgangsbeschränkungen. Wie ist die Stimmung im Freistaat?

Ein Polizist steht mit einer Kelle auf einer Straße.

Wer aus dem Haus will, braucht triftige Gründe – und die Polizei kontrolliert Foto: Matthias Balk/dpa

SCHLIERSEE taz | Freitagnachmittag, herrliches Frühlingswetter. Ein paar Stunden vor der Ausgangssperre, die ja nur eine sogenannte Ausgangsbeschränkung sein soll, ist in der idyllischen Gemeinde südlich von München kaum noch jemand unterwegs – vereinzelt ein paar Jogger, Pärchen und Familien. Im Kurpark sitzen zwei ältere Damen beim Picknick. Eine gießt sich auf der Parkbank gerade Tee aus der Thermoskanne ein, während sie ihrer Freundin etwas erzählt. Sie muss laut sprechen, die Freundin sitzt eine Parkbank weiter. Drei Meter Abstand. Das müsste reichen.

Einen Tag später, am Samstag, reicht das jedoch nicht mehr. Ob der Plausch im Park nun gefährlich ist oder nicht, seit 0 Uhr ist er verboten, denn ihm fehlt der „triftige Grund“. Nur bei seinem Vorliegen ist es mittlerweile noch erlaubt, die eigene Wohnung zu verlassen – etwa, um zur Arbeit zu fahren, Lebensmittel einzukaufen, den Lebenspartner zu besuchen oder zum Arzt zu gehen. Auch Sport und Bewegung sind erlaubt – allerdings nur allein oder mit Menschen, die im selben Haushalt leben.

So sieht es die „Vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie“ vor, über die die Landesregierung auch auf ganzseitigen Anzeigen in den Samstagsblättern informiert. Und wo immer möglich, sei ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu den Mitmenschen einzuhalten. „Bleiben Sie gesund“, endet der Text der Anzeige. Und: „Gott schütze unsere Heimat.“ Gezeichnet, klar, Markus Söder.

Der bayerische Ministerpräsident hat sich an die Spitze der Anti-Corona-Bewegung gestellt, erlässt für sein Bundesland ohne Absprache die schärfsten Maßnahmen im Kampf gegen das Virus. Manchen Bundespolitikern prescht er damit zu sehr vor – doch seine Botschaft ist klar: Die Lage ist zu ernst, als dass man auch nur einen Tag für weitere Diskussionen verlieren dürfe.

Es ist nur der Anfang

Freilich ist nicht jede einzelne Maßnahme nachvollziehbar: warum beispielsweise noch bis Dienstag Clubs öffnen durften, als die Schulen und Kindergärten längst geschlossen hatten. Oder warum noch am Freitag Friseure, die ihren Kunden nun wirklich nahe kommen, ihre Geschäfte öffnen durften, Buchläden aber geschlossen bleiben mussten.

„Es geht wirklich um Leben und Tod“, rechtfertigt Söder am Samstag die bayerischen Maßnahmen. 3695 Menschen sind zu dieser Zeit in Bayern bereits positiv auf das Virus getestet worden. Die Zahl der Toten liegt bei 21. Und natürlich weiß jeder: Das ist nur der Anfang. „Die ganze Welt reagiert“, sagt Söder dem Sender Antenne Bayern. „Dann muss auch Deutschland letztlich reagieren. Ich hoffe, dass wir so besser durch die Krise kommen als andere.“

Die Menschen im Freistaat halten sich an die Regeln. Sowohl in den Städten wie auch auf dem Land trifft man kaum jemand. Auf den Autobahnen waren wohl seit den autofreien Sonntagen während der Ölkrise nicht mehr so wenige Autos unterwegs. Innenminister Joachim Herrmann erzählt im Bayerischen Rundfunk, die Polizei habe nach Mitternacht ein paar Grüppchen zumeist Jugendlicher auseinandertreiben müssen, ansonsten keine größeren Verstöße.

Trotzdem trauen die Behörden der Ruhe offenbar nicht. Im Netz kursieren schon bald Videos von 15 Feuerwehr- und Polizeiautos, die Oberbürgermeister Dieter Reiter in München durch die Straßen fahren lässt. Via Lautsprecher werden die „Mitbürgerinnen und Mitbürger“ gewarnt: „Derzeit gelten strenge Ausgangsbeschränkungen. Bleiben Sie zu Hause! Der Gang zur Arbeit, zum Arzt oder zum Lebensmitteleinkauf ist weiterhin möglich. Zuwiderhandlungen werden hart bestraft.“

Punkt. Aus. Klingt bedrohlich, und kommt nicht bei jedermann gut an – zumal die Straßen und Plätze in München am Samstag ohnehin leer sind. Auf Twitter kritisieren nicht wenige User, dass man doch gerade so erst Angst verbreite. „Kann mich mal jemand aus diesem Endzeitthriller abholen bitte?“ twittert eine Nutzerin. Am Sonntag geht die Beschallung dennoch weiter, jetzt auch auf Englisch.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Die Ausgangsbeschränkungen sollen bis 3. April gelten – zunächst. Auch Gastronomiebetriebe dürfen während dieser Zeit nicht mehr öffnen. Allerdings können sie einen Lieferservice oder Speisen zum Mitnehmen anbieten. Wer außerhalb seines Hauses unterwegs ist, muss jederzeit mit Polizeikontrollen rechnen. Passierscheine sind allerdings nicht nötig, es genügt, wenn man plausibel erklären kann, was man außerhalb der eigenen vier Wände zu suchen hat.

Andernfalls drohen Geldbußen bis zu 25.000 Euro. Sogar Haftstrafen sind für den Fall möglich, dass tatsächlich eine andere Person zu Schaden gekommen ist. Strafanzeigen bekommen nach diesem Wochenende schon mal fünf Jugendliche im unterfränkischen Landkreis Bad Kissingen. Sie wurde von der Polizei in einem Bauwagen aufgestöbert, wo sie einen Geburtstag feierten. Ebenso ging es drei Personen im selben Landkreis, die nach Mitternacht gemeinsam an einem Lagerfeuer saßen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.