berliner szenen
: Das schaff ich nie, ist krass viel

Bis Anfang der Woche ging das Kind noch jeden Morgen um halb acht auf den Skateplatz. Einer der wenigen Vorteile, wenn Teenager früh aufstehen ist, dass man sie unbesorgt rausschicken kann – weil alle Gleichaltrigen noch schlafen. Aber jetzt ist der Platz gesperrt. Und da gibt es so gar keinen Anlass mehr, sein permanent abgedunkteltes Zimmer zu verlassen. Das Kind trägt ausschließlich Schlafanzughose und verlässt sein Bett nur noch, wenn wir ihn zwingen.

Aber es gibt ja eine Schulpflicht. Trotz allem. Und es ist leider an mir als Erziehungsberechtigter, mein chillendes Kind zu motivieren. Insta-Mütter posten aktuell gern Bilder, auf denen man eine fröhliche Kinderschar am Esstisch sieht, mit Schulbüchern und Obsttellerchen. „Home­schoo­ling mit den Kids“ steht dann daneben. Von so viel Idylle sind wir weit entfernt. Wir kämpfen mit der Technik. Um die Mathe-Plattform im Internet zu benutzen, musste ich erst mal einen neuen Browser runterladen.

Die Geschichtslehrerin schickt Arbeitsblätter im PDF-Format, die sich nicht ausfüllen lassen. Andere Lehrer haben gleich Lernpläne bis Ostern gemacht. Das ist aus ihrer Sicht völlig nachvollziehbar. Mein Teenager kommentiert das hingegen mit: „Boah Alter, ey, das schaff ich nie, krass viel.“

Dass es in Berlin überhaupt funktionierende Onlineplattformen für Schulen gibt, finde ich faszinierend. Aber die Kids haben nie eine Einführung ins E-Learning bekommen. Jetzt sind neue Arbeitstechniken gefragt: Texte tippen und abspeichern, Ordner anlegen, Attachments an Lehrer schicken.

Unser Favorit ist die Anleitung für die Lernplattform: „Für das Passwort bilden Sie die Summe aus der Nummer Ihres Kindes auf der Klassenliste plus 100 und multiplizieren Sie diese mit sich selber.“ Gaby Coldewey