wortwechsel
: Diese Krise stellt alles infrage, nichts ist sicher

Gibt es in der Corona-Krise Spargel auch ohne Erntehelfer oder etwa Förderalismus auf EU-Ebene? Und in Sachen Abitur: Es bleibt niemand ungeprüft zurück.

Licht am Ende des Tunnels? Foto: dpa

Entschleunigte Bildung

„Alle müssen weiterbüffeln“,

taz vom 25. 3. 20

Warum drehen wir nicht die Zeit etwas zurück, stellen die Beschleunigung infrage (Fremdsprachen bereits im Kindergarten, frühere Einschulung, G8, kürzere Studienzeiten) und nutzen die Krise zumindest zur bildungspolitischen Entschleunigung. Somit werden wir in diesen schweren Zeiten sicherlich vielen Schülern, Studierenden, aber auch Eltern gerecht(er). Will sagen: ein Jahr der Entschleunigung, Wiedereinführung des Zivildienstes, aber für Männer und Frauen, soziales oder ökologisches Jahr zur Verpflichtung und Horizonterweiterung.

Studieren in einem flexibleren Korsett, ohne den Zwang, mit zwanzig Jahren fertig sein zu müssen und niemals jenseits des Tellerrands gesehen zu haben.

Oliver Locker-Grütjen, Mülheim a. d. Ruhr

Neues Europa

„Der ganz große Resetknopf“,

taz vom 26. 3. 20

Auch eine föderative europäische Republik der Regionen könnte handlungsfähig sein, wenn die entsprechenden Strukturen erst einmal etabliert sind. Der Vorteil eines solchen Gebildes ist, dass sowohl übergreifend als auch regional/lokal gehandelt werden kann. So wäre es in einer Pandemiekrise wie dieser Aufgabe der zentralen Strukturen, eine überregionale Verbreitung des Virus zu stoppen und für eine gerechte Verteilung von Schutzausrüstung und Material zu sorgen. Aufgabe der Regionen wäre es, regional und lokal durch angemessene Maßnahmen die Verbreitung des Virus zu bremsen.

Der Vorteil einer föderalen Struktur liegt gerade darin, dass wichtige Maßnahmen überregional getroffen werden können, gleichzeitg aber auch noch genügend Spielraum für lokales Handeln besteht, um flexibel reagieren zu können. Weniger betroffene Regionen müssen mit stark betroffenen Regionen solidarisch sein. Und da es in allen Teilen Europas stark betroffene Regionen gibt, denke ich, dass auch die Solidarität funktioniert.

Michael Oberseider, München

Jenseits des Klodeckels

„Nicht komplett im Arsch“,

taz vom 25. 3. 20

Bei den ständigen Infos zu dem Krieg in den Supermärkten über Klopapier, habe ich die ganze Zeit schon gedacht, dass sich alle aus den orientalischen Kulturkreisen kommenden oder so geprägten Menschen sich schief­lachen über das, was da gerade bezüglich des Klopapiers abläuft. Und meine Frage im Kopf war auch die ganze Zeit: Haben die kein Wasser zu Hause? Es ist schon erstaunlich, wie tief diese unsaubere Vorgehensweise hier bei uns im Westen sitzt.

Monika Dern, Grünberg

Lieblingsfach

„Unsere Mathe-Verachtung ist tödlich“,

taz vom 24. 3. 20

Man lässt die Wissenschaftler in ihren Kellern gewähren und nimmt ihre Prognosen freundlich zur Kenntnis. Noch krasser als die Virologen, die ja aktuell doch eine gewisse Aufmerksamkeit erfahren, sind davon die Klimaforscher betroffen, die sich seit Jahrzehnten, weitgehend folgenlos, den Mund fusselig reden.

Ich bin in meinem Leben zahlreichen Mathematikern und Naturwissenschaftlern begegnet, was sie eint, ist eine durchweg unaufgeregte und nüchterne Sicht auf die Welt und das Leben. Man kann diese auch bei den wenigen Politikerinnen mit naturwissenschaftlichem Hintergrund beobachten, zum Beispiel Angela Merkel (Dr. rer. nat.) oder Bärbel Höhn (Dipl.-Math.).

Klaus-Peter Schrage, Braunschweig

Blickwinkel zulassen

„Die autoritäre Gefahr“,

taz vom 26. 3. 20

Leider empfinde ich Ihre Corona Berichterstattung als zu destruktiv und einseitig. Als Begründung fange ich mit einigen Zahlen an: In Deutschland sterben jeden Tag rund dreitausend Menschen, jetzt sind innerhalb mehrerer Wochen hundertsechzig Menschen an Corona gestorben und achtzig Millionen Menschen verfallen in Angst und Panik. Es gibt extrem einschneidende Gesetze, die längerfristig Tausende in die völlige Verzweiflung führen und allein und traumatisiert zurücklassen. Diese neuen Gestze, die massiv Freiheiten beschneiden, Gemeinschaft und dadurch unter anderem Trost verbieten, dafür Angst und einen umfassenden Kontroll-und Sanktionswahn fördern, sind meiner Meinung nach völlig übertrieben und unangebracht. Diese Angst spaltet eine Bevölkerung und ist schlecht für das Immunsystem. Es gibt Menschen, unter denen auch Ärzte, Heilpraktikerinnen, Virologen etc. sind, die besonnen und abwägend eine andere Meinung, einen anderen Blickwinkel gegenüber der jetzigen Situation und den Maßnahmen vertreten. Diese Meinungen werden jedoch fast völlig ignoriert.

Britt Wischhusen, Laazen

Kranke Globalisierung

„Freiheit braucht eine Wahl“,

taz vom 25. 3. 20

Begnügen wir uns mit Selbstversorgung aus heimischer Erzeugung, aus heimischen Rohstoffen und Böden! Vermeiden wir Ferntransporte, die das Klima schädigen durch Verbrennung von Milliarden Litern von Treibstoffen. Schätzen wir das Nahe, Vertraute, Selbstgemachte! Lassen wir uns nicht mehr verführen zu Fernreisen! Warum in die Ferne fliegen, wenn das Gute liegt so nah? Nehmen wir die Not als Lehre und Chance: Kommen wir runter von Verschwendung zu Ernüchterung! Verzichten wir auf die Ausbeutung ferner Länder, übernehmen wir Verantwortung für das hier Notwendige!

Tom Rieckmann, Lüneburg

Danke!

„Auf sie kommt es jetzt an“,

taz vom 21. 3. 20

Danke für Danke-Seite, auf der ihr Menschen zu Wort kommen lasst, ohne die momentan alles zusammenbrechen würde. Ich würde diese Liste gern ergänzen, um all diejenigen, die „unsichtbarer“ agieren und vielleicht nicht an vorderster Front „kämpfen“, aber dafür sorgen, dass unsere Infrastruktur gewohnt weiterläuft. Für mich sind das Lkw-Fahrer*innen, die momentan noch mehr leisten als unter den sonst schon unwürdigen Bedingungen. Hoch-und Tiefbauer*innen und alle anderen (Hand)Werker*innen und Angestellten, die Straßen reparieren, verstopfte Gullis säubern, die Straßen reinigen und den Müll abholen, Geisterbusse und -bahnen fahren, Dächer decken, Fahrräder und Autos funktionsfähig halten, frohe Farbtupfer in die Beete setzen, Tiere versorgen, psychisch erkrankte Menschen beraten und Abendessen durch die Gegend fahren!

Diese Liste ließe sich sicherlich noch weiterführen. Ich hoffe, dass die bisherige, eher ideelle Dankbarkeit nach der Krise in konkrete Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der monetären Aufwertung dieser und anderer systemrelevanter Berufe mündet.

Silvana Waniek, Hamburg

Chronisch überlastet

„Auf sie kommt es jetzt an“,

taz vom 21. 3. 20

Hochachtung vor allen Mitmenschen, die in dieser unfassbaren Zeit unter großer eigener Anstrengung und Verzichts im Sinne des Gemeinwohls weiter arbeiten. Beinahe Beifall für den Senat, dass er die Liste der systemrelevanten Berufsgruppen erweitern will. Wenn nicht, auf dieser Liste die Berufe fehlen würden, die auch sonst unter der Geringschätzung der Gesellschaft und der Politik leiden, die aber auch in der Zeit der Pandemie unverzichtbar sind. Zum Beispiel der Berufsstand der Erzieher*innen. Einige von ihnen müssen nach der Lockerung der Regelung für die Notfallbetreuung in Berlin weiter arbeiten. Dadurch erweitert sich hier das Ansteckungsrisiko. Dann die Mitarbeiter*innen im Post- und Versandwesen. Ebenfalls chronisch überlastet. Und es gibt weitere. Traurig!

Christine Schönhaber, Berlin