Fifa-Chef in der Coronakrise: Clever geheuchelt

Ausgerechnet Fifa-Präsident Gianni Infantino sieht in der Coronakrise eine Chance, den Fußball zu reformieren. Das klang bis zuletzt noch ganz anders.

Ein Mann hinter einem Rednerpult

Gianni Infantino, FIFA-Präsident, Anfang März auf dem UEFA-Kongress in Amsterdam Foto: Peter Dejong/ap/dpa

BERLIN taz | Manchmal wird es so richtig kitschig, wenn die Menschen aus ihrer verordneten Isolation heraus über die Zukunft der Welt nach Corona philosophieren. Von Solidarität ist dann mindestens die Rede und davon, dass die Leute nicht nur räumlich zusammenrücken werden. Das Ende des Neoliberalismus wird schon jetzt gefeiert und die ganz große Hoffnung, dass sich bald alle ganz lieb haben, wird über die sozialen Medien geäußert. Auch der Fußball möchte ein bescheideneres Gesicht zeigen, wenn die Seuche besiegt ist. Das sagt Gianni Infantino, der Präsident des Internationalen Fußballverbands.

Der Fifa-Boss meinte, das Coronavirus sei eine Chance für seinen Sport. „Vielleicht können wir den Fußball reformieren, indem wir einen Schritt zurück machen“, sagte er in einem Interview, das die italienische Gazetta dello Sport anlässlich seines 50. Wiegenfests (herzlichen Glückwunsch nachträglich!) mit ihm geführt hat.

Weniger Turniere könne er sich vorstellen, „dafür interessantere. Vielleicht weniger Teams, dafür größere Ausgeglichenheit. Weniger Spiele, dafür umkämpftere Partien.“ Schön wär's, werden sich viele Freunde des Fußballspiels denken, die über die Jahre ein wenig an Übersättigung leiden und dem Schweizer an der Fifa-Spitze kein Wort glauben.

Es ist noch keine vier Wochen her, da hat Infantino seine “Vision 2020–2023“ vorgestellt. Um die ganze weite Fußballwelt besser verknüpfen zu können, sollen demnach mehr Wettbewerbe ausgespielt werden. Es ist ein gigantischer Wachstumsplan, den Infantino da vorgelegt hat.

Geheilter Größenwahn

Zuvor hatte er schon eine Klub-Weltmeisterschaft mit 24 Mannschaften erfunden, die Pläne für eine weltweite Nations League ausarbeiten lassen, die Teilnehmerzahl der Männer-WM von 32 auf 48 erhöht und die der Frauen-WM von 24 auf 32.

Weil das Weltturnier 2019 in Frankreich so gut gelaufen ist, könne er sich vorstellen, die Frauen-WM statt alle vier künftig alle zwei Jahre auszutragen. Gianni Infantino erfindet Turniere und verschachert sie meistbietend. So kennt man ihn.

Und jetzt? Hat die Coronakrise Infantino zum Nachdenken gebracht? Gehört er zu denen, die ihr Schaffen in der Einsamkeit des Homeoffice grundsätzlich überdenken? Hat ihn das Virus vom Größenwahn geheilt? Oder ist, was er gesagt hat, nichts anderes als pure Heuchelei? Wir hätten da so eine Vermutung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.