Petition wegen Corona-Krise: Auch Freiberufler brauchen Hilfe

Wirtschaftsverbände haben in der Corono-Krise sofort staatliche Unterstützung gefordert. Freiberufler und prekär Beschäftigte brauchen sie auch.

Dieleeren Taschen einer Hose sind nach außen gekrempelt

Künstler und Künstlerinnen brauchen in der Corona-Krise Unterstützung vom Staat Foto: DPA

BERLIN taz | Nach der ersten Konzertabsage ging es Schlag auf Schlag. David Erler, Countertenor aus Leipzig, hat die Corona-Krise mit ihrer ganzen Wucht getroffen – wobei er nicht infiziert ist. Aber: Es ist Passionszeit, im Kirchenjahr die Wochen vor Ostern, neben der Adventszeit die wich­tigste Zeit für Musiker, um Geld zu verdienen. „Normalerweise gleicht die Pas­sions­zeit die flauen Phasen des Jahres aus“, sagt Erler.

Er hätte dieses Wochenende in Stuttgart zwei Konzerte gehabt, zweimal Bach – einmal die Johannespassion, einmal die h-Moll-Messe, bei beiden wäre er Alt-Solist gewesen. Dieses Jahr jedoch hagelt es wegen der Corona-Pandemie Konzertabsagen. Ausfallhonorare gebe es nur in den seltensten Fällen. Seinen KollegInnen ergeht es ebenso, „durch die Bank“.

Auch Alekos Hofstetter, Kreuzberger Maler, hat es getroffen, wenn auch glimpflicher als seine KollegInnen. „Splash Back“ sollte seine nächste Ausstellung in Dortmund heißen, anhand des Swimmingpool-Motivs sollte sie sich mit Architektur der Nachkriegszeit beschäftigen. Nun ist sie abgesagt. Auch Hofstetters Aufträge fürs Theater entfallen. Er hat keine Einnahmen mehr, zu seinem Glück aber Rücklagen, von denen er eine Weile leben kann. Zwei Stipendien, um die er sich beworben hatte, sind auch noch offen. Andere KollegInnen haben es da schwerer, sagt Hofstetter: „Die werden alle beim Jobcenter landen, bei Hartz IV.“

David Erler hat eine Petition an Finanzminister Olaf Scholz gerichtet, innerhalb von sieben Tagen haben mehr als 230.000 Menschen unterschrieben. Sie fordern „Hilfen für Freiberufler und Künstler während des Corona-Shutdowns“. Vor allem habe er Aufmerksamkeit für die Situation der KünstlerInnen und FreiberuflerInnen wecken wollen, sagt Erler. Das ist ihm gelungen, die Sorge um die KünstlerInnen scheint groß zu sein. Inzwischen gibt es einige Petitionen, die Unterstützung für FreiberuflerInnen, kleinere Unternehmen, Einzelhandel und Gastronomie fordern.

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„Wir müssen jetzt erst mal schauen, wie wir das Brot und die Miete bezahlen in den nächsten Wochen“, sagt Erler über sich und seine KünstlerkollegInnen. Er fordert Finanzhilfen, die es für Unternehmen geben soll, auch für FreiberuflerInnen. „Viele meiner Kolleginnen und Kollegen sind nicht in der Lage, ohne Weiteres einen oder zwei Monate ohne Einnahmen zu überbrücken“, schreibt Erler.

In seiner Petition verweist er auch auf eine Petition, die eine zeitlich begrenzte Einführung des Grundeinkommens fordert. Erler hält das für die „sinnvollste und am schnellsten wirksame Maßnahme“. Denkbar wäre auch ein Hilfsfonds oder „eine Art Kurzarbeitergeld plus“, errechnet aus dem letzten Steuerbescheid.

Ein paar Tage, nachdem Erler seine Petition gestartet hatte, schien sie erhört zu werden. Zunächst versprach der Berliner Bürgermeister Michael Müller, Hilfen für Solo-Selbstständige von bis zu 15.000 Euro. Wenig später zog die Bundesregierung nach. Laut Spiegel wolle sie mit 40 Milliarden Euro Solo-Selbstständigen und Kleinstunternehmern helfen – Musikern, Fotografen oder Dolmetschern. Die Summe stand am Donnerstag nachmittag noch nicht fest, das Hilfspaket solle aber zügig beschlossen werden, hieß es.

Vielleicht hat auch David Erler dazu beigetragen, dass es plötzlich ganz schnell ging. ­

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