taz🐾sachen
: Tagebuch eines Gestrandeten

Es ist der letzte Tag unseres Marokko-Tripps. Noch mal urlauben, bevor das zweite Kind kommt. Kas Bauch ist schon sehr rund. Am Sonntag sollte es zurückgehen. Doch dann holt uns die Corona­krise beim Frühstück ein.

Eine Französin klärt uns auf, dass sämtliche Flüge nach Frankreich und Spanien gestrichen worden seien. Dass Marokko auch schon die Fährverbindungen gekappt habe. Und dass sie jetzt nicht weiterwisse. Weil es kein Zurück gebe. Die Flüge nach Deutschland stehen weiter im Plan. Wir können problemlos einchecken und uns gute Plätze aussuchen. Wir gehen beruhigt zum Strand, ein letztes Mal. Unsere Boardingpässe haben wir im Handy.

Dass die nichts wert sind, erfahren wir am Abend. Der Flugverkehr zwischen Marokko und Deutschland werde ab Sonntag 9 Uhr Ortszeit eingestellt, für mindestens zwei Wochen, informiert die Deutsche Botschaft Rabat. Man solle versuchen, einen Flug über einen Drittstaat zu finden. Im Netz finden sich tatsächlich noch Umwege über Drittstaaten. EasyJet fliegt nach Genf. Ausgebucht. Pegasus fliegt über Istanbul. Aber hat die Türkei nicht längst alle Verbindungen nach Deutschland gekappt? Und dann ist da noch ein Flug über Doha, Katar. Für ein paar tausend Euro.

Gerade hat man noch in einer globalisierten Welt gelebt, in der man sich als privilegierter Deutscher keine Gedanken darüber machen musste, wie man von A nach B jettet. Und nun? „Willst du nicht einfach dort bleiben?“, twittert Kas Kollege aus Berlin. Ja, es könnte schön sein. Wenn Kas Bauch nicht wirklich schon arg rund wäre.

Das Handy brummt schon am frühen Morgen. Fahrt zum Flughafen!, rät mein Bruder. Angeblich geht noch ein Flieger nach Frankfurt. Kaum sind wir unterwegs, kommt eine SMS von unserer Fluglinie Eurowings. „Have a good flight!“, steht drin. Geht da also noch was?

Nein, es geht nichts. Am Flughafen von Agadir ist unsere Verbindung nicht einmal gelistet. Nicht als „delayed“, nicht als „gecancelt“. Und schon gar nicht als „ready for boarding“. In Portugal hat der Präsident indes persönlich mit der nationalen Fluggesellschaft über Evakuierungsflüge geredet. So müsste das auch in Deutschland laufen. Und bis die Kanzlerin uns hier rausholt, bleiben wir am Strand.

Gereon Asmuth