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„Teamfähigkeit spielt eine große Rolle“

Radiologie-Assistenten werden auf dem Arbeitsmarkt händeringend gesucht. Jede vierte Stelle ist unbesetzt. In der Ausbildung gibt es jetzt endlich eine Vergütung. Zwei Drittel der Kursteilnehmer sind Frauen. Verantwortungsbewusstsein, medizinisches und technisches Interesse sind gefragt

Praxisfeld Strahlenmedizin: Ein Radiologe schaut sich im Röntgenbild die linke Hand eines Patienten an Foto: Felix Kästle/dpa

Von Joachim Göres

Drei Jahre Ausbildung, ohne einen Cent zu verdienen – das war lange in verschiedenen Gesundheitsberufen üblich. Seit vergangenem Jahr gibt es für angehende medizinisch-technische Assistenten und Assistentinnen (MTA) nun Geld, nicht zuletzt, weil die Bewerberzahlen den Bedarf an Fachpersonal nicht mehr decken konnten.

„Durch die Bezahlung ist das Interesse an dem Beruf gewachsen. Sonst hätten wir unsere beiden Anfängerkurse im Oktober mit insgesamt 50 Plätzen nicht voll bekommen“, sagt Kirsten Meyer. Sie ist Lehrkraft für radiologische Diagnostik an der Schule für medizinisch-technische Radiologieassistenz (MTRA) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). In diesem Berufsfeld ist laut Meyer bundesweit jede vierte Stelle nicht besetzt, Fachkräfte werden händeringend gesucht.

Die dreijährige MTRA-Ausbildung umfasst physikalische und technische Grundlagen, Anatomie und Patientenkommunikation. Im theoretischen Unterricht geht es um Physik, Chemie, Biologie, Mathematik, Anatomie, Physiologie, Nuklearmedizin, Strahlentherapie und Diagnostik. Die Vergütung liegt bei monatlich rund 1000 Euro.

MTRA-Fachkräfte stellen mit modernster Technik wie Röntgengeräten oder Kernspin- und Computertomographen diagnostisches Bildmaterial her. Sie führen in Abstimmung mit Ärzten Untersuchungen in der Nuklearmedizin durch, bei denen schwach radioaktive Substanzen eingesetzt werden, um Organfunktionen sichtbar zu machen. „Das Personal trägt immer ein Dosimeter, das die Strahlung misst. Die Belastung ist wesentlich geringer als bei einer Stewardess“, versichert Meyer.

MTRA-Fachkräfte stellen vor allem diagnostisches Bildmaterial her

RadiologieassistentInnen bedienen in der Strahlentherapie die Geräte, welche bei der Behandlung von Tumorerkrankungen eingesetzt werden. Dabei sind sie auch für die Patientenpositionierung und – zusammen mit den Medizinphysikern – für die Berechnung der Bestrahlungsfelder verantwortlich. Zum Schutz von PatientInnen und Personal muss die eingesetzte Strahlung genau berechnet werden.

„Teamfähigkeit spielt eine große Rolle, weil man nie allein arbeitet. Außerdem ist Verantwortungsbewusstsein und Empathie gefragt. Freude am Umgang mit Menschen ist ebenso wichtig wie medizinisches und technisches Interesse“, sagt Meyer. Parallel zur schulischen Ausbildung lernen die angehenden MTRA den Beruf durch Praxiszeiten in Krankenhäusern und radiologischen Praxen kennen.

Dabei lernen sie auch, dass es starke Hierarchien im Gesundheitswesen gibt – mögliche Konflikte sollen im Unterricht thematisiert werden. Die Ausbildung schließt mit dem Staatsexamen ab. Danach arbeiten MTRA an Kliniken, in Arztpraxen, in der Industrie oder in der Lehre. Im öffentlichen Dienst verdienen sie im ersten Berufsjahr nach Angaben von Meyer rund 2600 Euro brutto.

Unter dem Oberbegriff MTA (medizinisch-technische Assistenz) verbergen sich neben der medizinisch-technischen Radiologieassistenz (MTRA) weitere spezialisierte Berufe: Die veterinärmedizinisch-technische Assistenz (VMTA), die medizinisch-technische Laborassistenz (MTLA) und die medizinisch-technische Assistenz Funktionsdiagnostik (MTAF).

MTA-Schulen gibt es im Norden in Göttingen, Hildesheim, Hannover, Osnabrück, Oldenburg, Stade, Hamburg, Kiel, Heide, Neumünster, Lübeck, Schwerin, Rostock, Neubrandenburg und Greifswald.

Nähere Infos zu den Schulen und den vier MTA-Berufen unter https://mtawerden.dvta.de

„Eigentlich wollte ich nach dem Abi Lehrer werden, doch die Kombination von Medizin, Technik und der Möglichkeit, viel mit Menschen zu tun zu haben und ihnen helfen zu können, haben mich an der Ausbildung gereizt“, sagt Tobias Peters, der an der MHH im zweiten MTRA-Ausbildungsjahr ist. Nicht wenige Abiturienten machen zunächst eine Ausbildung in einem Gesundheitsberuf, um später noch Medizin oder etwas anderes zu studieren. „Das habe ich nicht vor, der Beruf gefällt mir“, sagt der 23-Jährige.

Abitur ist keine Voraussetzung. Die 17-jährige Franziska Helmes hat mit einem Realschulabschluss einen MTRA-Ausbildungsplatz bekommen. „Ich interessiere mich für Medizin und Technik. Außerdem habe ich durch meinen Vater, der als Patient radiologisch behandelt wurde, erste Einblicke in den Beruf erhalten“, sagt Helmes, die an der MHH im selben Ausbildungskurs wie Tobias Peters ist. Zwei Drittel der Kursteilnehmer sind Frauen.

„Im ersten Jahr wurden wir alle auf einen Stand gebracht. Der Anfang war schwer, aus unserem Kurs haben bisher drei von 25 Schülern aufgehört“, sagt Helmes und fügt hinzu: „Ich aber habe meine Wahl nicht bereut.“