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„CSU müsste für Muslime eine attraktive Partei sein“

Alexander Radwan ist Bayer mit ägyptischem Migrationshintergrund – und CSU-Politiker. Er hofft, dass seine Partei künftig mehr Muslime in politische Ämter schickt

Foto: Stephan Münnich

Alexander Radwan, 55, Bundesabgeordneter der CSU, ist Sohn eines Ägypters und einer Bayerin und lebt am Tegernsee. Bei den Kommunalwahlen kandidiert er für den Kreistag Miesbach. Zuletzt leitete er eine CSU-Arbeitsgruppe zum Thema Islam.

Interview Dominik Baur

taz: Herr Radwan, wann wurden Sie zuletzt auf Ihren Migrationshintergrund angesprochen?

Alexander Radwan: Das kann ich Ihnen gar nicht sagen. Es ist kein Geheimnis, woher mein Vater kam. Ab und zu kommt mal die Frage auf, woher der Name Radwan kommt. Oft bringen ihn die Leute aber mit Osteuropa in Verbindung.

Ihre Wähler wissen nicht, dass Ihr Vater aus Ägypten stammte?

Keine Ahnung. Die, die sich mit den Kandidaten beschäftigen, können es auf jeden Fall wissen.

Zuletzt sorgte der Fall Sener Sahin in Wallerstein für Aufsehen. Er sollte Bürgermeister der CSU werden, dann gab es im Ortsverband Widerstand gegen einen Muslim als Kandidaten, er zog zurück.

Es ist schwer, über was zu reden, wenn man die genauen Umstände vor Ort nicht kennt. Es gibt auch Gemeinden, da ist es noch immer ein Thema, ob ein Kandidat katholisch oder evangelisch ist. Ich weiß nicht, wie sich das in diesem Fall aufgebaut hat. Das Zeichen, das gesetzt wurde, ist sicherlich unglücklich.

Der Grund für die Ablehnung war, dass man auf dem Land noch nicht „so weit“ sei. Sie haben einen sehr ländlichen Wahlkreis – können Sie das bestätigen?

Nein. Es geht doch letztlich darum, inwieweit die Person vor Ort integriert und überzeugend ist. Bürgermeisterwahlen sind hochgradig Persönlichkeitswahlen. Und wenn eine Person den Rückhalt vor Ort hat, sollte die Religion in den Hintergrund treten. Gerade im ländlichen Raum sind die Kandidaten in der Regel so bekannt, dass es keine Rolle spielen sollte, welche Religion ein Kandidat hat.

Was halten Sie von Sprüchen wie „Wir heißen CSU und nicht MSU“?

Das wird der Thematik sicherlich in keinster Weise gerecht. Wer hat das denn gesagt?

Markus Söder.

Das muss aber schon einige Jahre her sein. In diesem Fall hat er sich für den muslimischen Kandidaten ausgesprochen.

Das stimmt. Aber warum sind dann von den rund 300.000 bayerischen Muslimen immer noch so wenige in der CSU?

Das weiß ich nicht. Ich finde es jedenfalls schade. Gerade die CSU müsste für Muslime, die Teil unserer Gesellschaft sind und sein wollen, eine sehr attraktive Partei sein. Viele dieser Menschen sind wertkonservativ, die Familie hat einen hohen Stellenwert, viele sind Mittelständler – klassische CSU-Klientel.

Auf den Listen für die Kommunalwahl findet man aber nur wenige Namen, die einen muslimischen Hintergrund vermuten lassen – und die meist auf aussichtslosen Plätzen.

Da stehen wir sicherlich noch am Anfang. Bei der Listenaufstellung richtet man sich ja sehr stark danach, wer schon entsprechende politische Erfahrung hat und deshalb Stimmen bringt. Wenn wir hier im Landkreis Kandidaten aufstellen, ist es kein Kriterium, ob jemand einen Migrationshintergrund hat oder nicht, und ich habe ja einen.

Aber müsste sich die CSU angesichts der großen Gruppe der Muslime nicht um mehr religiöse Diversität bemühen?

Im Bereich der Programmatik haben wir diese Diversität ja bereits: Jeder ist uns willkommen, solange er sich mit unserer Grundausrichtung, zu der Toleranz und Nächstenliebe gehören, identifiziert. Das ist keine Frage der Religion. Ein Faschist, der zufällig römisch-katholisch getauft ist, hat bei uns nichts verloren, eine Muslima, die unsere Grundwerte teilt, dagegen schon.

Wirkt die Debatte über eine Leitkultur, die ihre Partei zuletzt wieder angefacht hat, da nicht eher abschreckend?

Nein, ich halte sie für absolut notwendig. Als die Flüchtlingskrise begann, hat mein Vater noch gelebt. Und da hat er immer wieder gesagt: Wisst ihr eigentlich, was da auf euch zukommt? Er war immer der Meinung: Wer sich nicht an unsere Regeln halten will, ist hier fehl am Platz. Nichts anderes ist doch Leitkultur. Das bedeutet nicht, dass Muslime an Weihnachten in die Kirche gehen sollen oder einen Schweinsbraten mit einer Halben Bier essen müssen. Aber es bedeutet in manchen Fällen eben, dass man einen Teil seiner Herkunftskultur, der im Widerspruch zum Grundgesetz steht, ablegen muss. Zum Beispiel, wenn das Frauenbild nicht dem unseren entspricht.