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Grüne fordern neues EU-Türkei-Abkommen

EU muss der Erdoğan-Regierung mit Milliarden helfen, Geflüchtete zu integrieren, sagt Parteichef Habeck

Aus Berlin Ulrich Schulte

Die Grünen fordern eine neue Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei, um mehr Geflüchteten zu helfen. Jene müsse aus den „Fehlern [...]des alten Abkommens“ die richtigen Konsequenzen ziehen, sagte Parteichef Robert Habeck am Montag. Er forderte zudem humanitäre Soforthilfe für die Menschen im Niemandsland zwischen der türkischen und der griechischen Grenze.

Die Türkei müsse „dauerhaft und verlässlich“ von der EU unterstützt werden, damit sie in Wohnungsbau oder Bildungseinrichtungen investieren und die viele Geflüchteten im Land integrieren könne, sagte Habeck. Bedingung einer solchen Vereinbarung wäre, dass Erdoğan keine Erpressungssituation wie die aktuelle mehr heraufbeschwöre. Die Höhe der Hilfen könne sich am alten EU-Türkei-Abkommen bemessen, sagte Habeck.

Im Jahr 2016 schloss die EU mit der Türkei ein Abkommen, das Finanzhilfen von sechs Milliarden Euro vorsah. Man werde nicht umhin kommen, mit dem türkischen Staat zu kooperieren und die Erdoğan-Regierung mit Geld zu unterstützen, betonte Habeck.

Außerdem forderte der Grünen-Chef Flüchtlingskontingente für in der Türkei lebende Flüchtlinge. Die EU müsse Menschen aus türkischen Lagern nach Europa holen, um ihnen die unregulierte Flucht zu ersparen, sagte er. Zudem möchten die Grünen 5.000 besonders schützenswerte Hilfsbedürftige, etwa Kinder, Schwangere oder Traumatisierte, aus griechischen Flüchtlingslagern nach Deutschland holen. Das schlug die Bundestagsfraktion vergangene Woche im Parlament vor. Der Antrag wurde von Union, SPD, FDP und AfD abgelehnt.

Habeck begrüßte, dass sich die Bundesregierung in dieser Frage bewegt. Die Große Koalition möchte zusammen mit hilfsbereiten EU-Staaten 1.000 bis 1.500 Kinder aus griechischen Lagern evakuieren – und einen „angemessenen Anteil“ davon in Deutschland versorgen. Diese Zahl genüge angesichts der Zustände in Griechenland nicht, sagte Habeck. Mit Blick auf die Koalition der Willigen fügte er hinzu: Die Bundesregierung dürfe nicht auf andere warten und sich hinter ihnen verstecken. „Starke Politik agiert jetzt.“

Die Grünen haben das alte EU-Türkei-Abkommen von Beginn an kritisiert. Der 2016 von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit vereinbarte Deal sah unter anderem einen 1:1-Austauschmechanismus vor. Die EU durfte „unrechtmäßig“ nach Griechenland kommende Flüchtlinge, in die Türkei zurückschicken. Im Gegenzug verpflichtete sie sich dazu, einen in der Türkei lebenden Geflüchteten, nach Europa zu holen. So sollten Menschen von der lebensgefährlichen Fahrt über das Mittelmeer abgehalten werden.

Auf dem Parteitag im November 2019 beschlossen die Grünen mehrere Forderungen zur Außenpolitik. Darunter die, dass die EU „diesen im Kern asylrechtswidrigen EU-Türkei-Deal von 2016“ beende. Er habe die EU erpressbar gemacht.