Integrationsgipfel im Kanzleramt: Gegen rechts als „Chefinnensache“

Der Kampf gegen rechts dominiert auch den Integrationsgipfel. Migrantenverbände wollen Antirassismus im Grundgesetz verankern.

Integrationsgipfel mit Angela Merkel im Kanzleramt.

Gefahr durch Rechtsextreme im Mittelpunkt: Integrationsgipfel im Kanzleramt Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

BERLIN taz | Zwölf Tage sind seit dem rassistischen Anschlag von Hanau vergangen, und der dunkle Schatten dieser Bluttat ist auch am Montag im Berliner Kanzleramt allgegenwärtig. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zum elften Integrationsgipfel geladen, dem seit 2006 regelmäßig stattfindenden Austausch zwischen Politik und Migrationsverbänden. Eigentlich sollte beim Gipfel der Fokus auf die Phase vor der Zuwanderung liegen, etwa wenn es um realistische Erwartungen von Zuwanderern geht. Doch nach der Bluttat von Hanau kreiste ein ganz anderes Thema über den Köpfen der Gipfelteilnehmer: die zunehmende Bedrohung durch den Rechtsextremismus.

„Es beginnt weit vor der Anwendung von Gewalt, dass wir aufmerksam sein müssen“, sagte Merkel am Montagmittag bei der Eröffnung des Treffens. Dabei erinnerte sie an die Opfer von rechtsextremer Gewalt und Islamhass. Sie und die übrigen Mitglieder der Bundesregierung seien „sehr bedrückt, dass es bisher nicht gelungen ist, diese Taten zu stoppen“. Jeder Mensch müsse sich in Deutschland sicher und in seiner Würde akzeptiert fühlen können.

Bereits vor Beginn des eigentlichen Gipfels hatte sich Merkel gemeinsam mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit 60 Vertretern von Migrationsverbänden und Religionsorganisationen zusammengesetzt, um über den Anschlag von Hanau und deren Konsequenzen zu sprechen.

Staatsministerin Widmann-Mauz für „Rassismus-Telefon“

Annette Widmann-Mauz, die Staatsministerin für Integration, bezeichnete den Rechts­extremismus als „derzeit die größte Gefahr in unserem Land“. Die CDU-Politikerin stellte hierzu ein Maßnahmenkatalog gegen die rechtsextreme Bedrohung für Menschen mit aus­ländischen Wurzeln vor. So verlangt sie ein flächendeckendes „Rassismus-Barometer“, mehr interkulturelle Weiterbildung und ein „Hilfetelefon Rassismus“, eine zentrale Anlaufstelle also, an die sich bedrohte ­Menschen wenden können.

Seit Langem schon warnen Vertreter von Migrationsverbänden vor der rechtsextremen Gefahr. Doch nach Hanau, der Attacke auf eine Synagoge in Halle sowie dem Mord an dem Politiker Walter Lübcke ist das Thema offenkundig noch einmal dringlicher geworden.

Vergangene Woche erst schrieb ein Zusammenschluss von Migrantenverbänden einen offenen Brief an die Kanzlerin. Sie verlangten einen „Masterplan Rechtsextremismus“, der unter anderem die Verankerung von Antirassismus und Demokratieförderung im Grundgesetz, die Ausweitung des Opferschutzes sowie mehr politische Teilhabemöglichkeiten umfasst.

Grünen-Politikerin Polat: „Miteinander reden reicht nicht“

Im Vorfeld des Gipfels beklagte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu wenig Einsatz gegen rassistische Diskriminierung. „Wie zahlreiche Studien belegen, sind Betroffene in vielen Bereichen nicht ausreichend vor Diskriminierung geschützt und können sich oft nicht effektiv gegen Benachteiligung wehren“, sagte deren Leiter Bernhard Franke. Viel zu oft würden Menschen etwa wegen ihres Namens, ihres „nichtdeutschen“ Aussehens oder ihrer Religion bei Bewerbungen übergangen oder bekämen keine Wohnung.

Die Opposi­tionsparteien von Grünen und Linkspartei forderten die Kanzlerin auf, den Kampf gegen den Rassismus zur „Chefinnensache“ zu machen. „Miteinander reden alleine reicht nicht aus, wenn sich danach in Fragen von Repräsentanz, Teilhabe und Sicherheit nichts ändert“, sagte die grüne Bundestagsabgeordnete Filiz Polat. Sie forderte ein „umfassendes Maßnahmenpaket“. Die Linke Gökay Akbulut sprach sich für ein „Demokratieförderungsgesetz“ aus.

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