das portrait
: Reformer Georg Bätzing ist neuer Vorsitzender der Bischofskonferenz

Foto: Heike Lyding/imago

Mit der Wahl von Georg Bätzing zum Primas der deutschen Bischofskonferenz setzten die katholischen Bischöfe ein überraschend deutliches Signal der Erneuerung. Der 58-jährige promovierte Theologe, der erst vor knapp vier Jahren zum Bischof von Limburg geweiht wurde, gilt wie kein anderer als Befürworter des „Synodalen Wegs“, des Dialogs von Laienorganisationen und Amtskirche. „Dafür stehe ich ganz und gar“, sagte Bätzing nach seiner Wahl, die auch für ihn überraschend gewesen sei. Das „neue Miteinander“ und die Aufarbeitung der „schrecklichen Verbrechen des Missbrauchs“ nannte er als seine vordringlichen Aufgaben. Schon in Limburg lautete Bätzings Auftrag: Aufarbeitung und Versöhnung. Als Amtsnachfolger von Skandalbischof Tebartz-van Elst übernahm er eine tief gespaltene und verstörte Diö­zese. „Führe zusammen!“ war der Leitspruch bei seiner Bischofsweihe. Mit seiner freundlichen, bestimmten Art gelang ihm überraschend schnell der Zugang zu den Gläubigen seiner Gemeinden. Auch die für viele schmerzliche Reorganisation des Bistums, die sinkenden Einnahmen und dem Priestermangel geschuldet ist, brachte er geräuschlos über die Bühne. Bätzing sieht sich als Mittler. So sind von ihm klare Worte gegen das Kirchengesetz überliefert, das Priester zur Ehelosigkeit zwingt. Der Zölibat sollte keine Pflicht, sondern künftig freiwillig sein, hatte Bätzing gesagt; für ihn bleibe die freiwillige Ehelosigkeit weiterhin wertvoll. Gegen militante Abtreibungsgegner zog Bätzing sogar vor Gericht; sie hatten ihn als Helfer der „Abtreibungsindustrie“ denunziert, weil auf der Homepage des Bistums auch die Adressen liberaler Schwangerschaftsberatungen aufgelistet waren. Bätzing bekam recht.

Niemand hatte Bätzing auf dem Zettel. Er spricht weder Italienisch noch hat er gute Beziehungen nach Rom. „Ich kann nicht alles“, sagte er nach seiner Wahl freimütig. Dass er im dritten Wahlgang mit klarer Mehrheit gewählt wurde, nannte er einen „Fingerzeig“. In der Wahlversammlung haben die 41 Weih­bischöfe ein starkes Gewicht, weil sie zwar nicht zur Wahl stehen, aber wählen dürfen. Sie gaben wohl den Ausschlag, gegen einen Kandidaten des Kirchenestablishments und für einen dialogbereiten Reformer. Bätzing setzt auf die Ökumene und den Dialog mit anderen Religionen. Die Kirchen müssten gemeinsam gegen Rassismus und Hetze aufstehen, sagte er. Die Religionsfreiheit müsse für alle gelten, auch für Juden und Muslime. Die Entschädigung von Missbrauchsopfern nannte Bätzing „eine der ganz wichtigen“ Fragen, die er übernommen habe. Er sei zuversichtlich, dass aus Mainz ein Signal ausgehen werde, „das von den Betroffenen verstanden wird“.

Ob er, wie von seinem Vorgänger Kardinal Reinhard Marx vorgeschlagen, wenigstens eine Frau zur Sekretärin der Bischofskonferenz ernennen werde, mochte Bätzing unmittelbar bisher nicht sagen. Marx, der mit seinem überraschenden Rückzug die Neuwahl nötig gemacht hatte, schien mit seinem Nachfolger hochzufrieden.

Christoph Schmidt-Lunau, Mainz