Thomas Mauch
hört auf den Sound der Stadt
:

Natürlich gibt es Unterschiede: Die Boxen zum Beispiel im Berghain sind doch ganz anders dimensioniert als bei mir im heimischen Wohnzimmer. Musikhören hat da schon mehr Wumms, also im Berghain, das hier auch nur deswegen Erwähnung finden soll, weil der dortige Sound ja gern fetischisiert wird. Oder bei Livekonzerten: Wenn da einer stets hinten am Tresen steht und die andere tausend Menschen weiter vorn am Bühnenrand, dann haben die beiden wahrscheinlich ganz unterschiedliche Konzerte gehört, obwohl sie auf demselben waren.

Weil Musik was zu hören ist, geht es halt auch darum, wie sie zu hören ist. Vielleicht erinnert mancher sich sogar noch daran, wie man dieses Hören einst als quasi teleologischen Prozess erklären wollte, in dem man seine Musik immer verfeinerter zu hören bekam und die jeweilige neue Technologie der alten, vorangegangenen unbedingt überlegen sein musste bei der Abfolge vom Grammofon zum Schallplattenspieler zur CD…

All das hat also seine Richtigkeit: Beim Hören von Musik gibt es manchmal sogar gewaltige Unterschiede.

Aber: Was Musik, unabhängig von der Soundqualität, immer ist: Ein Angebot, einzutauchen in etwas anderes, die Möglichkeit, sich darin zu vertiefen. Musik ist also schon mal ganz prinzipiell: immersiv.

Und nun die Werbedurchsage: Im HAU2 lädt man am Freitag „in eine immersive Konzertsituation“. Und zwar so: „In einer zirkularen Anordnung aus Publikum und Künstler*innen werden Wechselwirkungen aus Klang und Raum neu ausgelotet und so zu einer ganzheitlichen Erfahrung gemacht.“ Auf den Weg bringen soll das alles das von Fedde ten Berge entwickelte Spatial-Soundsystem “The Pentacle 15.3“. Und mit dem Pentagramm im Titel lagen wohl die magischen Beschwörungen mit dem Immersiven und der Ganzheitlichkeit nah: neuen Mehrwert versprechende Vokabeln, mit denen das schlichte Hören irgendwie aufgepeppt werden soll. Wobei ja nicht ganz unwichtig ist, was es im HAU zu hören gibt. Und da wird es durchaus wieder interessant mit dem Synthesizerduo Driftmachine und dem One-Girl-Orchestra Theresa Stroetges alias Golden Diskó Ship, die mit Repetitionsmusiken und Klangcollagen einen weiten Raum zum immersiven Abdriften für die Ohren geben. (Hallesches Ufer 32, 20 Uhr, 17 €).

Und fast noch ein wenig weiter rum kommt, wer sich dem lockeren Groove von Bassekou Kouyaté & Ngoni Ba anvertraut: runderneuerte Griot-Musik aus Mali am Dienstag in der Ufafabrik (Viktoriastr. 10­–18, 20 Uhr, 23 €).