Bitte jetzt Bücher hamstern

Debütautor*innen und Indie-Verlage sind nach der Absage der Leipziger Buchmesse die größten Verlierer

Von Marlene Militz

Dass die Leipziger Buchmesse abgesagt wurde, ist richtig, aber auch verdammt schade. So in etwa ist der Tenor der deutschen Verlagslandschaft. Und wahrscheinlich sehen das viele so, die gerne einige der geplanten 3.400 Veranstaltungen besucht hätten. Denn auch das beliebte Format „Leipzig liest“, in dessen Rahmen Lesungen in der ganzen Stadt hätten stattfinden sollen, wurde ersatzlos abgesagt. Nun werden erstmals die Preise der Leipziger Buchmesse nicht öffentlich verliehen. Die Bekanntgabe der Preisträger*innen erfolgt stattdessen am 12. März ab 9 Uhr im Deutschlandfunk.

Für die Verlage bedeutet die Absage der Buchmesse finanzielle Verluste. Die Ausgaben für Marketing, Standdesign und Hotelübernachtungen sind weg. Wahrscheinlich wird die Standmiete in Teilen oder sogar komplett von der Messe übernommen. Auch die Deutsche Bahn hat angekündigt, die gebuchten Bahnfahrten für Autor*innen zurückzuerstatten. Doch, und da sind sich alle einig, wenn man sich bei den Verlagen umhört, das Hauptproblem ist nicht das verlorene Geld, sondern der Verlust eines großen Schaufensters für die Autor*innen,aber auch für die Themen.

„Bücher sind genau zwei Mal im Jahr in der ‚Tagesschau‘ – zur Leipziger und Frankfurter Buchmesse. Jetzt nicht“, sagt Jörg Sundermeier vom Verbrecher Verlag. Dort ist gerade der Debütroman „Sonne, Mond, Zinn“ von Alexandra Riedel erschienen. Sie hätte auf dem blauen Sofa der Buchmesse lesen sollen. Sechs Interviewtermine waren vereinbart. All das fällt jetzt weg. Dabei sind besonders Debüts heikel. Das Image des „Kulturguts Buch“ sei eh schon angeschlagen. Sundermeier befürchtet nachhaltige Folgen, auch jenseits von finanziellen Verlusten.

Veranstaltungen, die nicht zum Programm der Buchmesse gehören, könnten wohl trotzdem noch stattfinden. Zum Beispiel die Lesung Ulla Lenzes von Klett-Cotta im Apothekenmuseum. Größtenteils fällt das Programm des Verlages aber aus. Allerdings soll die legendäre Tropenparty, die sonst heillos überfüllt in der Bar der GfZK stattfindet, nach Berlin übersiedeln. Auch einige der elf Veranstaltungen der Initiative Verlage gegen Rechts könnten vielleicht nach Berlin gerettet werden. Doch dann wären es eben auch nur manche von vielen ohne den Rahmen der Messe, sagt Lena Luczak. Es würde ein spezielles Publikum kommen, das eh regelmäßig zu diesen Veranstaltungen geht. Auf der Messe würde man auch andere Leute erreichen.

Der Verlag Voland & Quist rechnet mit Verlusten im vierstelligen Bereich. Trotzdem sei er, wie die meisten, nicht existenziell bedroht, sagt Sebastian Wolter. Dennoch: die größten Verlierer sind Indie-Verlage. Sie sind auf die Reichweite, die eben nur eine Buchmesse dieser Größe generieren kann, am meisten angewiesen. Deswegen sei der Aufruf #Bücherhamstern auf Twitter genau richtig. Unter diesem Hashtag findet man Bücher von Indie-Verlagen. Bücher statt Büchsen zu hamstern, das ist solidarisch.