Wahlpanne lässt Hamburgs Liberale zittern

Fehler bei der Auszählung: Erst schaffte es Hamburgs FDP ganz knapp über die Fünf-Prozent-Hürde, dann höchstwahrscheinlich doch nicht. Es fehlen wenige Stimmen

von Alexander Diehl

An Optimismus mangelte es den Hamburger Liberalen­ nicht in den letzten Tagen vor der Wahl. Oder vielmehr an Versuchen, sich als zuversichtlich darzustellen: Eine Stadt wie Hamburg, liberal und hanseatisch, die brauche doch eine Stimme der Vernunft. Und die Wahlkämpfer*innen der FDP strengten sich noch ein wenig mehr an nach der Sache da in Thüringen, wo sich Thomas Kemmerich­ von der FDP mithilfe der AfD zum Ministerpräsidenten hatte wählen lassen.

Der entstandene Vertrauensverlust, so sagte es die Hamburger FDP-Spitzenkandidatin Anna von Treuenfels immer wieder, sei „sehr, sehr schwer in kurzer Zeit wieder aufzuholen.“ Es sei ein Fehler des Parteifreunds gewesen, diese Wahl anzunehmen. Aber vor allem: Es werde mit ihr „keine wie auch immer geartete Zusammenarbeit der FDP mit der AfD“ geben. In Hamburg hatten die Liberalen von insgesamt 251 Anträgen der Rechtspopulist*innen allerdings binnen fünf Jahren 43 Mal zugestimmt.

Zunächst knapp erfolgreich

Kaum überraschend: In Hamburg brachen die Umfragewerte trotz der Versicherungen ein. In einer der letzten Umfragen vor der Wahl kam die Partei auf nur noch 4,5 Prozent. Und auch wenn es am Ende doch noch etwas knapper war, hat es sehr wahrscheinlich nicht gereicht: Die FDP wird nicht in der nächsten Hamburgischen Bürgerschaft sitzen.

Am Wahlabend schien die Zitterpartie zunächst noch zugunsten der selbsternannten Bürgerliche-Mitte-Partei ausgegangen zu sein. Da war die FDP drin im Landesparlament, wenn auch sehr, sehr knapp. Bei der AfD hingegen war es umgekehrt. Die Partei sah laut den ersten Prognosen die entscheidende Fünf-Prozent-Hürde von unten. Am Montag hatten sich die Ergebnisse der beiden Parteien dann aber gedreht: Die AfD lag deutlich über fünf Prozent, die FDP mit 4,9 Prozent darunter; rund 14.000 Stimmen lagen zwischen beiden.

Stimmen zu unrecht erhalten

Das hatte mit einem Fehler bei der Auszählung der Wähler*innenstimmen zu tun: In Hamburg-Langenhorn, im Norden der Stadt, waren „zwei Zeilen verwechselt“ worden, so der dortige Wahlvorstand gegenüber dem NDR. Stimmen für die Grünen wurden fälschlich der FDP zugeschlagen. Im dreistelligen Bereich bewegten sich diese Turbulenzen:­ Am Sonntagabend bei den Hochrechnungen lag von Treuenfels‘ Partei um gerade mal 121 Stimmen über der Fünf-Prozent-Hürde – und bis zu 423 Stimmen könnte sie durch die Panne zu unrecht zuerkannt bekommen haben.

Insgesamt hatten am Sonntag knapp 800.000 Wähler*innen gut 3,8 Millionen gültige Stimmen abgegeben. Die Neuauszählung lief am frühen Montagabend noch; da stand die FDP aber seit Stunden bei 4,9 Prozent. Nach Redaktionsschluss wollten Präsidium und Landesvorstand in Hamburg zusammenkommen.