meinungsstark
:

Zu viel Flächenverbrauch

„Tesla-Rodung fast fertig“, taz vom 24. 2. 20

Wie intelligent die Strategie der Grünen Liga in Bezug auf die neue Autofabrik in Grünheide war, wird sicher auch für Debatten im Umweltverband sorgen. Nichtsdestotrotz verbrauchen wir in Deutschland täglich zusätzlich einen Quadratkilometer Naturfläche für neue Infrastruktur. Die Bäume kann man sicher durch höherwertigen Mischwald ersetzen, nur die Fläche eben nicht. Mit Blick auf den globalen Flächen- und Ressourcenverbrauch bei starkem Bevölkerungszuwachs und Megastädten meint Matthias Glaub­brecht in „Das Ende der Evo­lution“, dass diese anthropozäne Selbstverständlichkeit, mit der wir die Webnetze der Biosphäre zerstören, in ein sechstes Massen­sterben führt, selbst wenn man die kommende Klima­katastrophe als radikalen Beschleu­nigungsfaktor außen vor lassen würde. Wir werden unsere Verkehrs- und Klimaprobleme ganz sicher nicht mit überdimensionerten Tesla-Elektroautos lösen können. Fünf Kilometer westlich von Grünheide kann man die sehr stark vom Aussterben bedrohte Trauersee­schwalbe finden. Dummerweise quartiert sie direkt unter dem zukünftigen östlichen Landeanflug für die Schönefelder Landebahn, wo die Flieger im Minutentakt mit 80 Dezibel ein Natur- und Vogelschutz­gebiet durchschneiden. Diese staatlich organisierte Umweltkrimi­nalität gehört an den Pranger gestellt! Da wünscht man sich aktivere Umweltverbände.

Marko Ferst, Gosen

Bürgerversicherung

„Mythos Privatkasse“, taz vom 18. 2. 20

Das System der Privatkassen ist nichts anderes als staatlich organisierte Korruption. Ein Arzt, der einen Patienten bevorzugt behandelt, und sei es auch nur bei der Terminvergabe, weil dieser mehr Geld auf den Tisch legt, handelt korrupt. Warum bei der Einführung einer Bürgerver­sicherung Einkom­mensverluste der Ärzte ausgeglichen werden müssten, leuchtet mir auch nicht ein. Zumal eine Bürgerver­sicherung ja auch Rente und Pflege umfassen sollte. Obergauner sind die Ärzte, die ausschließlich Privatpatienten behandeln, aber auf Kosten der Gemeinschaft studiert haben. Ich lebe seit über vierzig Jahren gut mit der AOK. Ich ärgere mich aber über die Menschen, die in jungen Jahren die geringen Beiträge und „tollen“ Leistungen der Privaten in Anspruch nehmen, im Alter aber, wenn es teuer wird, sich einen kleinen versicherungspflichtigen Job suchen und in meiner Kasse landen.

Christian Schuhmann, Barum

FDP und Antifaschisten

„Deutschland – eine Erfolgsgeschichte“

taz vom 15. 2.2 20

Peter Unfried kritisiert die Proteste am 5. Februar vor der FDP-Zentrale als irrational, sieht in Formulierungen wie „Kein Fußbreit dem Faschismus“ etwas „gruselig Militaristisches“ und meint, eine derartige Emotionalisierung nütze letztlich den „gefährlichen Antidemokraten“. Wahrscheinlich haben die eindrucksvollen zivilgesellschaftlichen Reaktionen auf den Tabubruch von Erfurt aber zumindest dazu beigetragen, dass sich in CDU und FDP vorerst diejenigen durchgesetzt haben, die an der konsequenten Ausgren­zung der völkisch-autoritären AfD festhalten wollen. Was man jedenfalls nicht mehr ernsthaft vertreten kann, ist Unfrieds Interpretation des Endes der Weimarer Republik, wonach es „Faschisten und Kommunisten gelang, die antidemokratische Polarisierung durchzusetzen, weil die damals schwache liberale Mitte die Nerven verlor und auseinanderrannte“. Diese maßgeblich im Kalten Krieg – und nicht zuletzt von antikommunistisch motivierten westdeutschen Sicher­heits­behörden – beförderte extremismustheoretische Deutung hat mit dem aktuellen Stand der Geschichtswissenschaft wenig zu tun. Sie nachzubeten dürfte heute am wenigsten helfen bei der Verteidigung von Demokratie und Verfassungsstaat.

John Philipp Thurn, Berlin