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: Der Kluge

Welket Bungué Foto: F.: M. Sohn/ap

Auf „A Star is Born“ spielt gleich die erste Frage an Welket Bungué auf der Pressekonferenz zu „Berlin Alexanderplatz“ an, und das ist nicht vermessen. Der aus Guinea-Bissau stammende Bungué spielt in Burhan Qurbanis mitreißender Neuinterpretation von Albert Döblins legendärem Berlin-Roman die Hauptfigur. Nicht Franz, sondern Francis heißt diese hier, wird nicht aus dem Gefängnis in Tegel entlassen, sondern an einen Strand im Mittelmeer gespült. Von diesem ersten Moment an überstrahlt Bungués Physis und Ausstrahlung den Film, so wie er auch die Teilnehmer auf dem Panel überragt.

In Xitole, einem kleinen Ort in der ehemaligen portugiesischen Kolonie, wurde Bungué geboren. Als er drei Jahre alt war, zog die Familie nach Lissabon, weil der Vater durch seine Teilnahme am Bürgerkrieg die portugiesische Staatsbürgerschaft besaß. In der Hauptstadt wuchs Bungué auf, reinigte seinen Akzent, wie er es kürzlich in einem Interview beschrieb, und versteckte damit seine Identität. „Schwarzsein ist keine Frage der Farbe. Es ist ein Erbe“, sagte der gerade 32 Jahre alt gewordene Mann, der auch als Autor und Regisseur arbeitet.

Worum es geht, wenn man als schwarzer Migrant, ohne Pass, ohne Status in eine Stadt wie Berlin kommt, darum geht es in dem Film. Flüchtling war Bungué selbst zwar nie, doch die Erfahrung des Fremdseins hat er immer wieder gemacht, vor allem bei einem Aufenthalt in Brasilien, wo er sich als Schwarzer stigmatisiert fühlte wie nie zuvor.

Wie nahe ihm die Arbeit an einem Film ging, der sich mit Menschen beschäftigt, die von der Mehrheitsgesellschaft meist nicht gesehen werden, mag ein Moment der Pressekonferenz andeuten, als nach dem Einfluss von Texten von Frantz Fanon, Angela Davis und anderen Autoren, die sich mit dem Thema Dekolonisation beschäftigt haben, gefragt wird. Bungué muss sich erst einmal fassen und ein paar Tränen wegdrücken, ehe er auf seine kluge, überlegte Weise antwortet. Angesichts der ­Strukturen Deutschlands und damit auch des deutschen Films könnte es schwer werden; doch einen Star wie Welket ­Bungué würde dem deutschen Kino sehr gut zu Gesicht stehen.

Michael Meyns