heute in bremen
: „China ist selbstbewusster geworden“

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Thomas Kriwat, 53, Vorsitzender des Ostasiatischen Vereins, Geschäfts­führer der Reederei „Mercmarine“ und Honorarkonsul von Sri Lanka in Bremen.

Interview Lotta Drügemöller

taz: Herr Kriwat, begegnen wir Asien auf Augenhöhe?

Thomas Kriwat: Natürlich, wie denn sonst?

In der Corona-Berichterstattung gab es durchaus anti-asiatische Ressentiments.

Wenn Leute nicht mehr in Asienläden einkaufen, ist das irrational. Da hilft Aufklärung. Ansonsten würde ich nicht von Ressentiments sprechen, aber das Verhältnis zu China ist in der Tat schlechter geworden. Lange wurde China als Entwicklungsland gesehen, man förderte es und dachte, wenn sich die Wirtschaft entwickelt, wird sich eine bürgerliche Zivilgesellschaft bilden. Das war so nicht der Fall. Das Regime ist heute autoritärer, gleichzeitig geht es den Menschen wirtschaftlich besser. China ist selbstbewusster geworden.

Und das hat das Verhältnis verschlechtert?

Es hat auf jeden Fall auf deutscher Seite patriotische Töne gegeben, die nicht angemessen waren. Als der deutsche Roboterhersteller Kuka übernommen wurde, gab es viele Sorgen, dass nur die Technologie abgeschöpft würde – aber dem geht es heute besser als vorher. Wirtschaftlich abschotten hilft nicht.

In welchen Bereichen könnte Bremen Entwicklungshilfe aus Ostasien gebrauchen?

Wenn wir Entscheidungsprozesse nicht schneller gestalten, können wir beim Tempo der Wirtschaftsentwicklung nicht mithalten. Ich will natürlich kein autokratisches System. Aber: Minderheiten müssen Mehrheitsentscheide irgendwann akzeptieren. Der fünfte runde Tisch erreicht am Ende auch nicht mehr.

Sieht sich der Ostasiatische Verein eher als Kulturverein oder als Wirtschaftsverband?

Als Kaufleute wollen wir Brücken bauen zwischen Bremen und Asien, zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Grundlage ist die Liebe zu den Ländern, in denen viele von uns gelebt haben. Mit unserem Hilfswerk fördern wir den Schüleraustausch und haben 2019 in Indonesien ein Waisenhaus errichtet.

119. Stiftungsfest des Ostasiatischen Vereins Bremen, geschlossene Gesellschaft mit BotschafterInnen aus Asien, VertreterInnen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, ab 17 Uhr im Rathaus

Was passiert morgen beim Stiftungsfest?

Wie bei Traditionsveranstaltungen üblich, läuft es im Wesentlichen immer gleich: Wir treffen uns im Rathaus zu einem Curryessen, begleitet von Reden, unter den Gästen sind 16 asiatische Botschafter. Wir sammeln fürs Hilfswerk, und am Ende singen alle gemeinsam.

Bei Bremer Traditionsvereinen drängt sich eine Frage auf: Wie halten Sie’ s mit Frauen?

Als Gäste können Frauen schon immer bei uns dabei sein, seit sieben oder acht Jahren auch als Mitglieder. Wir haben unter unseren rund 500 Mitgliedern bisher nur eine niedrige zweistellige Zahl an Frauen. Die kommen vor allem aus der Wissenschaft – die Resonanz aus Handel und Industrie ist noch sehr verhalten.