Die Eine-Frau-Mitte

Die FDP sitzt doch in der Hamburgischen Bürgerschaft

Hat irgendwer wechselvollere Tage hinter sich? Nicht in der Hamburger Politiklandschaft jedenfalls. Je näher dort die Wahl rückte, umso knapper sah es aus für die zuletzt neunköpfige FDP-Fraktion. Am vergangenen Sonntag dann, in den ersten Hochrechnungen, hatten die Liberalen es dann gerade so geschafft ins Parlament des Stadtstaates – um tags darauf dann doch an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert zu sein. Besonders bitter dürfte das Detail gewesen sein, dass die AfD es ähnlich knapp erst nicht geschafft hatte, dann aber doch. Ihr inkonsequenter Umgang mit den Rechtspopulist*innen hatte die FDP ja gerade Vertrauen gekostet und Stimmen wohl auch: Grenzt sich die Partei, die so ausdrücklich Mitte zu sein beanspruchte, nun glaubwürdig ab vom rechten Rand, oder tut sie es nicht?

Einziger Lichtblick: Spitzenkandidatin Anna von Treuenfels hatte in ihrem Wahlkreis im gern als gehoben-bürgerlich charakterisierten Blankenese fast 20.000 Stimmen bekommen – genug für einen Platz im Hohen Haus. Würde sie dieses Mandat aber annehmen? Das zu beantworten, dafür bat die Juristin sich dann ein paar Tage Zeit aus. Und gab schließlich am Freitagnachmittag bekannt: Doch, ja, sie sitzt in der nächsten Bürgerschaft, auch ohne Fraktion.

Per Tweet und Pressemitteilung dankte sie den Wähler*innen, die ihr „das Vertrauen geschenkt haben. Dieses Vertrauen ist für mich Verpflichtung und Antrieb zugleich.“ Überhaupt habe sie seit der Schlappe vom Sonntag „starken Zuspruch erhalten, die liberalen Werte in die nächste Bürgerschaft zu tragen. Hamburg braucht eine freiheitliche Stimme mit klarer Haltung.“

Als fraktionslose FDP-Frau arbeitet von Treuenfels in der kommenden Legislaturperiode unter sehr viel schlechteren Bedingungen. Das betrifft Bezüge und Ausstattung, aber auch ganz konkret ihre Arbeit: Sie wird keine Debatten anmelden können und keine Anträge stellen, in der Ausschussarbeit hat sie kein Stimmrecht und ihre Redezeit je Sitzung beträgt schmale fünf Minuten – in allen Debatten zusammen genommen.

Alexander Diehl