das ding, das kommt
: Typografisches Stadtporträt

1.000 Ladenschilder hat die Designerin Chris Campe in Hamburg vor zehn Jahren fotografiert. Nun wirft sie in einer Ausstellung einen zweiten Blick auf die Schilder und ihre Orte Foto: Chris Campe

Bei einigen ist irgendwann mal ein Buchstabe hinuntergeplumpst, andere scheinen komplett aus der Zeit gefallen zu sein. Viele sind unvollständig oder verblasst, einige werden noch jahrzehntelang liebevoll instand gehalten. Und oft ist der Laden, über dem sie hängen, längst nicht mehr da. Ladenschilder und Fassadenbeschriftungen sind auf den ersten Blick unscheinbare Details des Stadtbilds, betrachtet man sie aber mit einem Blick auf Veränderungen der Typografie, erlauben sie Rückschlüsse auf Umwälzungen, etwa von Gewerbestrukturen oder Konsumverhalten.

Ein solches typografisches Stadtporträt hat die Hamburger Designerin Chris Campe vor knapp zehn Jahren aus Fotos von über 1.000 Ladenschildern zusammengestellt und eine Auswahl daraus streng alphabetisch im Buch „Hamburg Alphabet. Hamburger Ladenschilder von A bis Z“ (Junius-Verlag 2010, 96 S., 14,90 Euro) abgedruckt: eine Momentaufnahme einer sich rasant verändernden Stadt.

Nun hat Campe alle 220 im Buch erschienenen Schilder und Orte noch einmal fotografiert. Und tatsächlich: Mehr als 40 Prozent von ihnen sind seit 2010 verschwunden. Mal wurden sie durch neue, moderne ersetzt, mal sind von ihnen nur noch die Befestigungen und andere Spuren zu erkennen, die sie hinterlassen haben. Mal ist die Fassade, auf der sie prangten, einer gläsernen schriftlosen Front gewichen, mal ist das ganze Gebäude, an dem sie hingen, verschwunden.

In der kleinen Eckgalerie Enfants Artspace in der Hamburger Neustadt stellt Campe ab Freitag in ihrer Ausstellung „Was macht eigentlich …?“ Fotos aus ihrem Buch neben aktuelle Aufnahmen. Dazu erscheint auch eine aktualisierte Neuausgabe des „Hamburg Alphabet“ mit einer limitierten Auflage von 250 Exemplaren. Und zum Ende der Ausstellung wird der Blick in die Zukunft gerichtet: In einem Workshop zeigt Campe, „wie Sie die Inspiration alter Schilder praktisch für Ihr eigenes Lettering nutzen können“. Robert Matthies

Ausstellung „Was macht eigentlich …?“: Eröffnung Fr, 6. 3., 18 Uhr, Hamburg, Enfants Artspace; geöffnet am 7., 8. und 28. 3., 15–18 Uhr; Lettering-Workshop in der Ausstellung: So, 29. 3., 11.30–13.30 Uhr; Anmeldung per Mail an workshops@allthingsletters.com