Verfassungskrise in El Salvador: Soldaten im Parlament

Präsident Bukele lässt Militär ins Parlament eindringen, damit die Abgeordneten ein Darlehen bewilligen. Jetzt hat er das Oberste Gericht gegen sich.

Bewaffnete Soldaten stehen in einem Sitzungssaal

Sonntag in El Salvadors Parlament: Soldaten umstellen die Abgeordneten Foto: reuters

BERLIN taz | Gut sieben Monate nach seinem Amtsantritt hat El Salvadors Präsident Nayib Bukele eine schwere Verfassungskrise provoziert. Bukele, der im Parlament keine eigene Mehrheit hat, ließ die Abgeordneten am vergangenen Sonntag zu einer Sondersitzung zusammentreten, um ein Darlehen von umgerechnet rund 100 Millionen Euro zu genehmigen. Dazu berief er sich auf einen nie zuvor angewandten Verfassungsartikel, der in besonderen Notsituationen den Präsidenten befugt, ad hoc eine außerordentliche Parlamentssitzung einzuberufen.

Nur: Eine Notsituation gab es nicht. Bukele wollte das Geld schlicht für den Kauf neuer Ausrüstung für Polizei und Militär im Rahmen seines „Plans der territorialen Ordnung“ bewilligt bekommen, mit dem er den Kampf gegen die organisierten Banden führen will. Dagegen gibt es allerdings unter den Abgeordneten schwere Bedenken, weil auch der Einsatz des Militärs im Innern vorgesehen ist.

Damit aber nicht genug: Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, ließ Bukele mehrere Dutzend schwer bewaffnete Soldaten mit vorgehaltener Waffe in den Parlamentssaal eindringen. Parallel rief er auf Twitter, wiederum unter Berufung auf einen Verfassungsartikel, zum Aufstand auf, sollten die Abgeordneten seinen Forderungen nicht nachkommen. Dem Parlament stellte er ein Ultimatum von einer Woche – am kommenden Sonntag sollen die Abgeordneten, wiederum in einer Sondersitzung, das Darlehen bewilligen.

Gegen dieses Vorgehen hat nunmehr der oberste Gerichtshof am Montag die Klage zweier Bürger zugelassen und gleichzeitig angeordnet, der Staatschef dürfe die Streitkräfte nicht für verfassungswidrige Aktionen einsetzen.

Bukele spielt die Militäraktion herunter

Ob Bukele sich daran halten wird, ist offen. Er selbst verteidigte die Militäraktion vor Kritik. „Wenn ich ein Diktator wäre oder die Demokratie nicht respektieren würde, hätte ich alles unter meine Kontrolle gebracht“, sagte er am Montag in einem Interview mit der Zeitung El País. Im Übrigen sei niemand verletzt, kein Schuss abgegeben und auch das Mobiliar nicht beschädigt worden. Es sei nur darum gegangen, Präsenz zu zeigen.

Die Gemüter zu besänftigen, dürfte Bukele allerdings nicht so einfach gelingen. Nach der Parlamentsbesetzung hatten Oppositionelle die Organisation Amerikanischer Staaten aufgerufen, diesen „Staatsstreich von oben“ zu stoppen. Die Amerikasprecherin von Amnesty International, Erika Guevara Rosas, sagte, die Mobilisierung erinnere an die dunkelsten Zeiten El Salvadors.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.