heute in hamburg
: „Viele kleine Höfe haben aufgegeben“

Fotoausstellung „Land und Wirtschaft – Wer erntet?“, 18 Uhr, Café Elbfaire, Shanghai­allee 12, Eintritt frei

Interview Anastasia Trenkler

taz: Frau Blessin, welche Gemeinsamkeiten sieht man Bäuer*innen in Tansania und Norddeutschland an?

Sandra Blessin: Ihre Gesichter zeigen jeweils die Mühe und Arbeit, die hinter der Nahrungsmittelproduktion steckt.

Warum porträtieren Sie diese Menschen in einer Fotoausstellung?

Wir wollten die Auswirkungen der EU-Politik auf die deutsche Landwirtschaft mit den Nöten der kleinen Betriebe im globalen Süden verbinden. Es gibt eine Entwicklungspartnerschaft zwischen den G7-Staaten und einer Reihe von Privatunternehmen. Diese soll eigentlich die Landwirtschaft in Tansania stärken, ihre Maßnahmen verdrängen jedoch Kleinbäuer*innen von ihrem Land.

Wer profitiert dann von den Maßnahmen?

Die Saatgut-Industrie und Hersteller von Pestiziden und Düngemitteln sind Teil der Partnerschaft mit G7. Ihr Ziel ist es, den eigenen Markt auszubauen. Daher fördern sie besonders agrarindustriellen Anbau und große Agrarinvestoren. Kleine Betriebe werden benachteiligt – in Tansania und auch in Deutschland.

Wie könnte faire Agrarpolitik aussehen?

Im Moment wird pro Hektar Land eine bestimmte Geldsumme vergeben. Es muss aber vor allem die Art und Weise des Wirtschaftens berücksichtigt werden: Verwendet ein Betrieb Pestizide und wenn ja in welchem Maße? Wie viele Menschen arbeiten im Betrieb? Werden Tiere artgerecht gehalten? All das sind wichtige Faktoren.

Foto: Karin Gerdes

Sandra Blessin, 45, ist Bildungsreferentin beim Verein Agrar Koordination.

Und wie kann man selbst kleine Betriebe unterstützen?

Als Konsument*in in Deutschland kann man beispielsweise auf Hofmärkten einkaufen, solidarische Landwirtschaft nutzen und auf den Preis achten: Ist Fleisch zu billig, kann die Herstellung nicht gut gewesen sein. Um die tansanischen Betriebe zu unterstützen, sollte man Parteien wählen, die den Export europäischer Landwirtschaftsgüter in ärmere Länder wie Tansania nicht unterstützen. Das zerstört dort die Märkte.

Sind also die deutschen Landwirtschaftsbetriebe schuld an der Situation der tansanischen Bäuer*innen?

Nein. Die Menschen in Tansania und Deutschland sitzen sogar im selben Boot: Sie werden geknebelt durch die Vorgaben der Subventionierungen und der Entwicklungshilfsgelder, die eine industrielle Landwirtschaft bevorzugen. In den letzten Jahren haben viele kleine Höfe in Deutschland aufgegeben. Sie profitieren also keinesfalls vom Leid im Süden.