Die Freude geklaut

Hannover 96 hat lange dagegengehalten und sogar gegen den HSV geführt. In der Nachspielzeit trafen die Hamburger aber doch noch und mussten sich am Ende dieses Nordderbys nicht allzu sehr schämen

Von Christian Otto

Zumindest der Sonnenschein war am Samstagnachmittag erstklassig: Das Duell zwischen Hannover 96 und dem Hamburger SV blieb unterm Strich aber eher zweitklassig. Dabei ist der Anspruch ein anderer: „Beide Mannschaften“, findet Hannovers Torschütze Cedric Teuchert, „gehören in die 1. Bundesliga.“ Bei diesem Aufeinandertreffen klauten sich die Nordklubs, die in der Tabelle nun auf Platz zwei (Hamburg) und zwölf (Hannover) stehen, jedoch lediglich gegenseitig Punkte. Ob jemand statt des 1:1 einen Sieg verdient gehabt hätte, darüber lässt sich streiten.

Das Interessante am Hamburger SV ist und bleibt: Der Verein strahlt auch fast zwei Jahre nach seinem Abstieg aus der 1. Liga aus, dass er glaubt, zu den Besseren der Branche zu gehören. Dennoch traf zuerst Hannover 96 das Tor. Weil dem Rückstand ein eher halbherziges Aufbäumen folgte, wären die rund 15.000 mitgereisten HSV-Fans um ein Haar um die Gelegenheit gebracht worden, in Hannover zu feiern. Erst in der Schlussphase kamen in Person des eingewechselten HSV-Mittelstürmers Joel Pohjanpalo jene Wucht und Entschlossenheit ins Spiel, die gute Teams für große Momente benötigen.

Hannover wehrt sich

„Dass so viele Fans hierhergekommen sind, das ist brutal und macht uns sehr stark“, sagte der Finne, der erst in der Nachspielzeit getroffen hat. Der Favorit aus Hamburg hatte die Partie zwar dominiert, vergab aber die besseren Torchancen – bis zur 96. Minute.

Hannover 96 hatte bis dahin gezeigt, dass das Team gewillt ist, sich zu wehren und sich gegen ihre gefährliche Situation in der Tabelle zu stemmen. Sie traten und grätschten in Serie. Fünf Punkte zu den Abstiegsplätzen geben Hannover weiterhin Anlass zur Sorge. „Die Mannschaft tut mir ungemein leid“, sagte 96-Trainer Kenan Kocak mit Blick auf den späten Gegentreffer. Das Tor habe sich wie ein Diebstahl der Freude angefühlt.

Ob in Hannover oder Hamburg: Auf dem Weg zurück in die 1. Liga sind Profis gefragt, die in der Lage sind, beim Wettstreit mit eher durchschnittlich begabten Berufskollegen den Unterschied auszumachen. Einer, der diesem Anforderungsprofil gerecht werden kann, ist der einsatzfreudige Pohjanpalo. HSV-Trainer Dieter Hecking hatte mit seinem von Bayer Leverkusen ausgeliehenen Stürmer und dem früheren 96-Angreifer Martin Harnik gleich zwei Offensivspieler eingewechselt. Der Mut zum Risiko und das Vertrauen in Pohjanpalo machten sich bezahlt.

Langer Weg in Liga Eins

„Ich wollte den Ball einfach nur noch reinmachen“, sagte der Held des Tages. Pohjanpalo setzt mit seiner resoluten Art wichtige Signale beim HSV. Seine Einsatzfreude erinnerte den Rest des Teams daran, dass Hamburg noch nicht wieder in der 1. Bundesliga angekommen ist.