Mehr Sicherheit für RadfahrerInnen: Technik in Lkws könnte Leben retten

Vertreter von Radlern und Logistikbranche fordern mehr Sicherheit im Verkehr. Dafür schließen sie sich jetzt sogar zusammen.

ehrere hundert Menschen gedenken mit einer Mahnwache der Fahrradfahrerin, die bei einem Unfall mit einem rechtsabbiegenden LKW am Kreisverhrker Kottbusser Tor überrollt wurde.

Gedenken einer Fahrradfahrerin nach einem tödlichen LKW Unfall in Berlin Foto: Christian Mang

Auf der Straße stehen sie sich oft angstvoll und wütend gegenüber, auf der politischen Ebene versuchen ihre Vertreter jetzt erstmals den Schulterschluss: Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) und der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) haben gemeinsame Forderungen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr vorgelegt.

In einem Positionspapier fordern die beiden Interessenverbände den Umbau zu sicheren Kreuzungen, getrennte Grünphasen an Ampeln für Radfahrer und Autos sowie die zügige Ausrüstung möglichst aller Lkw mit Abbiegeassistenzsystemen. Vor allem rechts abbiegende Laster können für Radfahrer lebensbedrohlich sein.

Seit Anfang dieses Jahres sind in Deutschland sechs Menschen von abbiegenden Lkws getötet worden, jährlich sind es 30 bis 40. Frauen, Kinder und ältere Menschen seien bei dieser Art Fahrradunfall deutlich überrepräsentiert, erklärte ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork bei der Vorstellung des gemeinsamen Positionspapiers in Berlin.

„Es trifft in der Regel die schwächeren Verkehrsteilnehmer. Das Klischee, dass sich Fahrradkuriere von hinten an Lkws vorbeischlängeln und erfasst werden, stimmt nicht“, betonte er. An den Lkw-Fahrern geht das nicht spurlos vorbei. Im Falle eines Unfalls litten auch die Lkw-FahrerInnen unter den Folgen, sagte BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt. „Wenn ein Fahrer so einen Unfall verursacht, ist er traumatisiert und kann seinen Beruf wahrscheinlich nie wieder ausüben.“

Technik für mehr Sicherheit

Der Einbau von Abbiegeassistenten in Lkws kann Unfälle verhindern. Diese Geräte warnen den Fahrer mit akustischen und optischen Alarmsignalen, wenn sich im toten Winkel eine Person befindet. Sie bremsen das Fahrzeug jedoch nicht selbstständig.

Aktuell sind nach Angaben der Verbände erst etwa fünf bis zehn Prozent der deutschen Lkws mit einem Abbiegeassistenten ausgestattet. „Noch gibt es die Assistenten nicht ab Werk“, sagte Engelhardt. „Es gibt nur Nachrüstlösungen.“ Kostenpunkt der Nachrüstungen: 1.500 bis 3.000 Euro. Die Hersteller der Nutzfahrzeuge hätten zu spät reagiert, auf EU-Ebene seien nötige Vorgaben für Lkws zu lange verzögert worden.

ADFC-Geschäftsführer Stork macht dafür den früheren Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verantwortlich. „Uns fehlen vier Jahre, weil Dobrindt nicht gehandelt hat“, sagte er. Dobrindts Nachfolger und Parteifreund Andreas Scheuer dagegen habe unmittelbar nach seinem Amtsantritt gehandelt und einen Fördertopf für den Einbau von Abbiegeassistenten eingerichtet – der in Kürze abgerufen war. „Was er da auf den Weg gebracht hat, begrüßen wir sehr“, sagte Stork.

Neben Abbiegeassistenten fordern die Verbände Änderungen an der Verkehrsinfrastruktur. Sie wollen Kreuzungen, bei denen die Verkehrsströme von Fahrzeugen und Fahrrädern räumlich getrennt werden, unterschiedliche Grünphasen für verschiedene Verkehrsteilnehmer und sichere Anfahrtsrouten bei großen innerstädtischen Bauvorhaben.

Ampeln umprogrammieren geht immer

Geld sei genug da, sind sich die Verbände sicher. „Das Klimapaket der Bundesregierung, das an vielen Stellen für unzureichend gehalten wird, ist es im Radverkehr nicht“, sagte Stork. Bis 2023 sind im Bundeshaushalt 900 Millionen Euro für radverkehrspolitische Maßnahmen vorgesehen. Zusätzlich gebe es Geld für Länder und Kommunen.

„Jeder Bürgermeister und jede Bürgermeisterin kann morgen mit ihrer Stadtverwaltung besprechen, was sofort geht, zum Beispiel Ampeln umprogrammieren“, erklärte Stork. „Keine Kommune muss im Moment aus finanziellen Gründen darauf verzichten.“

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