Sinkende Werte bei Luftschadstoffen: Noch lange nicht am Ziel

Die Luft ist sauberer geworden. Doch die Grenzwerte für Stickoxyde werden weiter überschritten und den größten Handlungsbedarf gibt es beim Feinstaub.

Luftmessstation in Stuttgart

Auch wenn die Luftqualität sich deutlich verbessert hat, bleibt keine Zeit zum durchatmen Foto: Arnulf Hettrich/imago

Die Luft in den deutschen Städten ist im letzten Jahr deutlich sauberer geworden: Die geltenden Feinstaubgrenzwerte wurden nirgends überschritten, die Stickoxidgrenzwerte nur noch in halb so vielen Städten wir im Vorjahr. Ist das Problem, das das Land im letzten Jahr in Aufruhr versetzt hatte, damit vom Tisch? Und war die große Aufregung möglicherweise sogar übertrieben?

Die Antwort auf beide Fragen lautet Nein. Denn dass die Schadstoffkonzentrationen sinken, ist eine direkte Folge des politischen Drucks: Vor allem die Verpflichtung, dass neue Diesel die Stickoxidgrenzwerte nicht nur im Labor, sondern auch auf der Straße einhalten müssen, hat viel gebracht. Hier muss sich die Politik fragen lassen, warum eine solche Selbstverständlichkeit nicht schon viel früher umgesetzt wurde. Und ein Grund, sich jetzt zurückzulehnen, sind die neuen Werte keineswegs.

Denn auch jetzt, elf Jahre nach Einführung der EU-Grenzwerte für Stickoxid, werden diese noch in bis zu 30 Städten überschritten. Die Bundesregierung hätte das verhindern können, wenn sie die Hersteller zur technischen Nachrüstung der Motoren verpflichtet hätte, statt sich mit der billigeren, aber kaum wirksamen Veränderung der Software zu begnügen.

Noch größer ist aber der Handlungsbedarf beim Feinstaub. Denn die Grenzwerte, die dort eingehalten werden, sind völlig veraltet. Würden die strengeren Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation umgesetzt, läge mehr als die Hälfte der Messtationen über dem Grenzwert. Und die besonders kleinen, besonders schädlichen Partikel werden bisher gar nicht erfasst. Und anders als beim Stickoxid reicht es beim Feinstaub nicht, sich nur auf den Verkehr zu konzentrieren. Auch Holzöfen und die Landwirtschaft tragen stark zur Belastung bei.

Bis die Luft in Deutschland wirklich sauber ist, wird also noch viel politischer Druck nötig sein. Doch immerhin zeigt die bisherige Entwicklung, dass solcher Druck durchaus wirken kann.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.