CDU-Chef: Weg mit dem Senat

Kai Wegner fordert kompletten Rücktritt, falls Mietendeckel scheitert – was für ihn sicher ist

Die Einladung kam am Mittwoch und las sich erst mal wie ein Scherz: „CDU Berlin stellt politische Alternative zum Mietendeckel vor“. Denn das Pressegespräch mit dem Landeschef der Christdemokraten, Kai Wegner, war genau für den Tag nach dem Beschluss über den Mietendeckel im Stadtentwicklungsausschuss angesetzt.

Warum nicht früher im Verfahren, das seit dem Frühjahr 2019 läuft, warum so lange, nachdem der Senat Ende November den Gesetzentwurf zum Deckel auf den Weg brachte? Es bleibt offen an diesem Donnerstagmorgen in der CDU-Landeszentrale, die im März wegen zu hoher Mieten von zentraler Lage am KdW an den Lietzensee zieht.

Die vorgestellten Alternativen sind nicht neu, nicht allein CDU-Köpfen entsprungen, teilweise deckungsgleich mit Empfehlungen der jüngsten Kommission zur Verwaltungsreform und könnten manchmal auch von der SPD kommen. Exklusiv hat Kai Wegner an diesem Morgen aber eine andere Nachricht: In bislang noch nie erlebter Weise knüpft er die Zukunft der rot-rot-grünen Landesregierung an das Schicksal des Mietendeckels.

„Der Senat muss komplett zurücktreten, wenn das Verfahren scheitert“, sagte der Parteichef.

Totalschaden für den Senat?

Rücktrittsforderungen gegen einzelne Senatoren gibt es schon mal, gelegentlich auch gegen einen Regierenden Bürgermeister. Aber gleich gegen die komplette Landesregierung? Das ist neu. „Spätestens, wenn das Gesetz kippt, ist das ein Totalschaden für den Senat“, sagt Wegner. Das bringt die Frage nach seinem Politikverständnis auf: Was würde denn ein Regierungschef Wegner machen, wenn er von einem politischen Vorstoß in welchem Feld auch immer überzeugt ist und ihm fünf Experten zuraten und ebenso viele abraten würden?

Warum sollte es ein „Totalschaden“ sein, etwas auszuprobieren, von dem eben ausdrücklich nicht alle, sondern nur einige Rechtsexperten abraten würden, wenn man davon überzeugt ist? Wegner lässt sich nicht auf eine konkrete Antwort, ihm reicht es schon, dass das Gesetz nicht als rechtssicher gilt. Das bestreiten auch weder Senat noch Koalitionsparteien, weil man – immer wieder gehört – „juristisches Neuland“ betrete.

Im Laufe des Pressegesprächs tut sich ein interessanter Widerspruch auf. Denn einerseits ist Wegner ja sicher, dass der Mietendeckel gerichtlich auch in Teilen keinen Bestand haben wir. Manche mutmaßen ja inzwischen, das Verfassungsgericht könnte ihn auf das zurückstutzen, was die SPD vor einem Jahr vorschlug, bevor die Linkspartei Mietsenkungen draufpackte: ein fünfjähriges Einfrieren der Mieten. „Das wird komplett kassiert“, ist sich der CDU-Chef sicher. In Senatskreisen geht man von einem Urteil noch in diesem Jahr aus.

Doch warum kündigt Wegner dann an, dass nach 2021 – der CDU-Landeschef geht fest davon aus, dass nach der dann anstehenden Abgeordnetenhauswahl die CDU mitregiert – der nächste Senat den Mietendeckel aufhebt? Denn wenn wirklich passiert, was Wegner als sicher darstellt, dass nämlich Gerichte den Deckel vorher für ungültig erklären, wäre das doch gar nicht mehr nötig. Stefan Alberti