EU-Konferenz startet im Mai

Die Zukunftsinitiative soll für mehr Demokratie sorgen. Wie das funktionieren kann, ist noch unklar

Aus Brüssel Eric Bonse

Mehr Demokratie wagen – diese Devise will sich nun auch die EU zu Herzen nehmen. Fast ein Jahr nach der Europawahl sollen die Bürger mitreden dürfen und Reformen anstoßen. Die „Konferenz zur Zukunft Europas“ werde am Europatag am 9. Mai beginnen und allen offenstehen, sagte die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Dubravka Šuica, am Mittwoch in Brüssel.

Dass es ausgerechnet die Brüsseler Behörde ist, die mehr Bürgerbeteiligung fordert, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Schließlich war Kommissionschefin Ursula von der Leyen keine Spitzenkandidatin bei der Europawahl im Mai 2019. Sie war von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron vorgeschlagen worden – und gilt vielen Europaabgeordneten immer noch als personifiziertes Demokratiedefizit.

Die deutsche CDU-Politikerin schickte denn auch ihre Stellvertreterin Šuica vor, die für „Demokratie und Demografie“ zuständig ist, um das Vorhaben anzukündigen. Die Kroatin gab sich alle Mühe, den Ärger der letzten Monate vergessen zu machen und die Zukunftskonferenz, die auf eine Idee Macrons zurückgeht, als demokratische Übung zu preisen.

„Wir müssen die Dynamik der hohen Wahlbeteiligung bei den letzten Europawahlen nutzen“, sagte Šuica. Die Konferenz solle eine „offene, inklusive und transparente Debatte“ ermöglichen und in Reformen münden. Dabei sollen die Bürger über zwei Themen reden: über (bereits beschlossene) Prioritäten der EU wie Klimawandel, digitalen Wandel und soziale Gerechtigkeit – und über Demokratie.

Ausdrücklich werden auch die Spitzenkandidaten und die EU-weiten Wahllisten erwähnt, die bei der Europawahl fehlten. Doch den Fokus legt die EU-Kommission nicht darauf. Im Vorschlag aus Brüssel bleibt auch das Ziel der Bürgerdialoge unklar. So ist zwar allgemein die Rede von Reformen – doch das in einem ersten Entwurf enthaltene Ziel der Vertragsänderung wurde wieder gestrichen.

Ohne eine Reform der EU-Verträge wird sich jedoch kaum mehr Demokratie machen lassen. Auch für Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik, wie sie Deutschland fordert, sind Vertragsänderungen nötig. „Wenn wir die EU demokratischer und schlagkräftiger machen wollen, dürfen wir nicht krampfhaft am Status quo festhalten“, sagte der grüne Europaabgeordnete Daniel Freund. „Dass der Weg dorthin nur über Vertragsänderungen führen kann, ist klar.“

Zunächst müssen sich Kommission, Par­lament und die 28 EU-Staaten aber auf eine Linie für die Zukunftskonferenz einigen. ­Dabei könnte die Initiative für mehr Bürger­beteiligung noch verwässert werden. Klar ist bisher nur eins: Die Leitung soll der liberale Europaabgeordnete Guy Verhofstadt über­nehmen.