Nach Dammbruch in Brasilien: Staatsanwalt klagt TÜV Süd an

Ein Jahr nach dem Dammbruch, bei dem 270 Menschen starben, kommt jetzt auch der deutsche TÜV vor Gericht. Er hatte den Damm für sicher erklärt.

Ein kaputtes Dach schwimmt auf einer Schlammlandschaft, darüber kreist ein Hubschrauber.

Katastrophale Folgen: Durch den Dammbruch vor einem Jahr wurden mehrere Dörfer weggespült Foto: ap

BELO HORIZONTE afp | Knapp ein Jahr nach dem Dammbruch in einem Bergwerk in Brasilien mit 270 Toten ist Anklage gegen den TÜV Süd und den Bergbaukonzern Vale erhoben worden. Die Staatsanwaltschaft im Bundesstaat Minas Gerais begründete den Schritt am Dienstag mit den verheerenden Auswirkungen des Unglücks auf die Umwelt. Der TÜV Süd hatte den Damm wenige Monate vor der Katastrophe für sicher erklärt. Gegen 16 Einzelpersonen wurde zudem Anklage wegen „vorsätzlicher Tötung“ erhoben.

Staatsanwalt William Garcia Pinto Coelho warf dem TÜV Süd und der Betreiberfirma Vale ein „vollkommen undurchsichtiges Risikomanagement“ vor. Es seien „falsche“ Erklärungen zur Stabilität des Damms abgegeben worden, um Vales Ansehen und den Marktwert des Unternehmens nicht zu gefährden. Informationen über „inakzeptable Risiken“ seien bewusst zurückgehalten worden. Die beiden Unternehmen hätten die Gesellschaft somit einer Gefahr ausgesetzt.

Der Dammbruch im Vale-Bergwerk Córrego do Feijão am 25. Januar 2019 war eines der schwersten Unglücke in der Geschichte Brasiliens. 13 Millionen Kubikmeter Schlamm mit Bergbauabwässern ergossen sich damals über die Umgebung und rissen zahlreiche Menschen mit sich. 270 Menschen kamen ums Leben. 259 Leichen konnten geborgen werden, elf weitere wurden bis heute nicht gefunden.

Nach der Katastrophe geriet auch der TÜV Süd in die Kritik. Das deutsche Prüfunternehmen hatte den Damm im Auftrag von Vale im September 2018 begutachtet und trotz mehrerer Wartungsempfehlungen für sicher erklärt.

Entschädigung für Hinterbliebene

„Unser großes Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien“, erklärte der TÜV Süd am Dienstag auf AFP-Anfrage. Das Unternehmen sei weiterhin zur Zusammenarbeit mit den Behörden in Brasilien und Deutschland bereit, um zur „Aufklärung der Unglücksursache“ beizutragen.

Ein Gutachten im Auftrag von Vale kam im Dezember zum Schluss, dass Entwässerungsprobleme zu der Katastrophe geführt hatten. Demnach war der Dammbruch und die anschließende Schlammlawine auf „die Verflüssigung von Bergbaurückständen zurückzuführen“. Diese Rückstände hätten sich als Schlamm im Damm angesammelt. Das Entwässerungssystem sei „unzureichend“ gewesen. Vor dem Nachgeben des Damms habe es allerdings keine Anzeichen der Instabilität gegeben, hieß es in dem Bericht weiter.

Vale war im Juli dazu verurteilt worden, für alle Schäden der Katastrophe aufzukommen. Eine konkrete Summe legten die Richter allerdings nicht fest. Den Hinterbliebenen der Opfer zahlte das Unternehmen nach eigenen Angaben umgerechnet rund 430 Millionen Euro Entschädigung.

Der Bergbaukonzern war schon 2015 in ein verheerendes Unglück verstrickt. In einem anderen Bergwerk bei Mariana im Bundesstaat Minas Gerais, das von einem Tochterunternehmen von Vale und dem australisch-britischen Konzern BHP betrieben wurde, war damals ein Damm gebrochen. 19 Menschen starben. Giftiger Schlamm gelangte in den Río Doce und später in den 650 Kilometer entfernten Atlantik.

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