wie machen sie das?
: Der taube Dolmetscher

Mark Zaurov ist 47 und taub. Er arbeitet seit neun Jahren als Dolmetscher und übersetzt in deutsche, englische und israelische Gebärdensprache.

taz am wochenende: Sie dolmetschen in unterschiedliche Gebärdensprachen und sind selbst taub. Wie machen Sie das?

Mark Zaurov: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Bei Tagungen zum Beispiel arbeitet man in einem Team. Ein sogenannter Feeder dolmetscht das Gesprochene in Gebärdensprache, er steht vor dem Publikum. Dies wird dann von einem weiteren Dolmetscher auf der Bühne in besserer Form dargestellt. Oder eben in eine andere Gebärdensprache übersetzt.

Und wenn Sie alleine arbeiten?

Dann übersetze ich von einem live untertitelten Text vom Bildschirm, dafür ist eine gute Schriftsprachkompetenz erforderlich. Auch bei persönlichen Gesprächen kann ein Live-Text genutzt werden, oder es wird auf einem Computer getippt und dann direkt übersetzt.

Macht Ihnen die Arbeit Spaß?

Ja, besonders als Dolmetscher auf Kongressen. Das Übersetzen eher weniger.

Warum sind Sie Dolmetscher geworden?

Meine Eltern stammen aus Russland und sind während des Kalten Krieges nach Israel ausgewandert. Als ich neun Jahre alt war, gingen wir nach Deutschland. So bin ich mit verschiedenen Sprachen und Kulturen groß geworden. Daher passte es für mich, Dolmetscher zu werden.

Wie viele Sprachen sprechen Sie?

Ich spreche sieben Sprachen: die deutsche Gebärdensprache, Deutsch, amerikanische Gebärdensprache, International Signs, Englisch, israelische Gebärdensprache und Hebräisch. Die japanische oder chinesische Schriftsprache würde ich noch gerne kennenlernen.

In den Medien liest man viel über hörende Dolmetscher. Stört es Sie, dass taube Dolmetscher weniger wahrgenommen werden?

Es gibt sehr viel Unmut in der Gehörlosengemeinschaft, dass hörende Dolmetscher als Ansprechpartner fungieren, statt direkt mit den tauben Menschen, deren Muttersprache die Gebärdensprache ist, zu kommunizieren. Hörende haben die Gebärdensprache als Fremdsprache erlernt und sind nicht kulturell-sprachlich in der Gehörlosengemeinschaft aufgewachsen. Es ist Bequemlichkeit: beim Gespräch mit tauben Menschen müsste man eine Dolmetscher*in bestellen. Somit sind wir oft nicht in der Öffentlichkeit präsent. Derzeit ist das Wort „hearingsplaining“ in Anspielung auf „mansplaining“ in Social Media aus verschiedenen Gründen aktuell.

Was sollte sich zukünftig verändern?

Man sollte direkt mit tauben Expert*innen kommunizieren. Das wäre praktizierendes Empowerment.

Interview: Denise Klein