Studieren in Niedersachsen: Studiengebühr durch die Hintertür

In Hannover steigt der Semesterbeitrag auf 429 Euro. Asta und Studentenwerk verlangen mehr Unterstützung vom Land.

Ein Hörsaal voller Student:innen.

Volles Audimax: Die Zahl der Studierenden steigt seit Jahren Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER taz | Auf 429 Euro steigt der Semesterbeitrag ab dem kommenden Wintersemester in Hannover. Und der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) findet dafür dramatische Worte: „Willkommen am teuersten Studienort Deutschlands.“ Das gilt allerdings nur für die Gebühren – die Lebenshaltungskosten dürften anderswo höher sein.

Die Ursache ist der Anteil, der für das Studentenwerk anfällt. Der ist zwar deutlich kleiner als der Anteil, der allein für das Semesterticket fällig wird (221 Euro), aber er hat jetzt erstmals die psychologisch bittere 100 Euro Grenze übersprungen. Selbst im teuren München ist der niedriger.

Das Studentenwerk finanziert damit die Infrastruktur, vor allem Wohnheime und Mensen sowie Beratungs- und Betreuungseinrichtungen. Jetzt musste er in Hannover erneut um 20 Euro erhöht werden, auf 115 Euro.

Der im aktuellen Wirtschaftsplan beschlossenen Erhöhung waren längere Diskussionen voraus gegangen. Noch im Dezember hatten die studentischen Vertreter im Verwaltungsrat ihre Zustimmung verweigert, jetzt lenkten sie zähneknirschend ein – um das Studentenwerk überhaupt handlungsfähig zu halten, hieß es.

Vom Wintersemester 2006/2007 an mussten Studierende in Niedersachsen Studiengebühren zahlen. Sie betrugen damals 500 Euro pro Semester. Verwaltungskosten von bis zu 300 Euro kamen noch dazu.

Zum Wintersemester 2014/2015 wurden sie wieder abgeschafft. Niedersachsen gehörte damit zu den letzten Bundesländern, die die Studiengebühren wieder abschafften.

Semesterbeiträge werden an fast allen Hochschulen bundesweit in unterschiedlicher Höhe erhoben. Sie setzen sich in der Regel zusammen aus einem Beitrag für das Semesterticket, für die Verwaltungskosten der Universität selbst, für die Studentenwerke und die studentische Selbstverwaltung.

Dessen Geschäftsführer Eberhard Hoffmann bedankte sich ausdrücklich für die „kon­struktive Zusammenarbeit“ und nannte die studentische Kritik „absolut berechtigt“.

Wie die Studenten fordern auch die Studentenwerke in Niedersachsen eine stärkere Beteiligung des Landes eine stärkere Beteiligung des Landes, vor allem an den Sanierungskosten für die in die Jahre gekommenen Wohnheime. Vor allem in Hannover, Göttingen und Braunschweig stünden besonders viele alte Wohnheime, argumentieren sie. Diese allein an die neuesten Brandschutzbestimmungen anzupassen, sei eine gewaltige Aufgabe.

Da sieht sich das Land allerdings nicht in der Pflicht. Die Erhaltung und Sanierung der Wohnheime müsste mit Rücklagen aus den Mieteinnahmen finanziert werden, sagt das Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Und verweist im Übrigen auf die Sondermittel, die in den vergangenen Jahren – vor allem 2017 und 2018 – für die Schaffung neuer Wohnheimplätze geflossen sind. Damals seien 11,5 Millionen Euro in Form von Zuschüssen zur Verfügung gestellt worden. Und auch mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Landeszuschuss für den regulären Etat der Studentenwerke läge man bereits über dem Bundesdurchschnitt.

Genau dieser Landeszuschuss sei allerdings seit Jahren nicht an die steigenden Kosten für Personal und Energie angepasst worden, argumentiert hingegen das Studentenwerk. Von den deutlich gestiegenen Studierendenzahlen ganz abgesehen. Auch aus einem Sonderprogramm für die Sanierung studentischen Wohnraumes, das Minister Björn Thümler (CDU) Ende 2017 versprochen hatte, wurde nichts.

Der Asta weist darauf hin, dass dass es in ganz Deutschland nur vier Studentenwerke gäbe, die Beiträge von mehr als 100 Euro erhöben. Und es sei doch wohl kein Zufall, dass drei davon in Niedersachsen lägen: nämlich das Studentenwerk Ost-Niedersachsen mit Hauptsitz in Braunschweig und die Studentenwerke in Göttingen und Hannover.

Die Grüne Jugend, die sich an dem Protest beteiligt, befürchtet, dass die Erhöhung in Hannover nicht die letzte gewesen sein wird – und das andere niedersächsische Studentenwerke folgen werden.

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