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: Innenminister Seehofer warnt vor Migrationsdruck auf EU

Für die Bundesregierung steht eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik ganz oben auf der Agenda. Der Brexit dürfe nicht für einen Bruch innerhalb Europas sorgen

Das Neue

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will in Sicherheitsfragen mehr auf europäische Lösungen setzen. Bei der Eröffnung des Europäischen Polizeikongresses in Berlin warnte er vor einem aktuell „gewaltigen Migrationsdruck aus allen Himmelsrichtungen“ auf die EU. Ob in der Türkei, Griechenland, auf dem Balkan, in Italien oder Spanien – überall fänden sich wieder mehr Geflüchtete ein. „Wir müssen verhindern, dass sich das Jahr 2015 wiederholt.“ Bei der Sicherheit dürfe es keinen harten Bruch mit Großbritannien geben. Bundespolizeichef Dieter Romann stimmte Seehofer zu. „Nach meiner Ansicht sind die EU-Außengrenzen nicht sicher.“ Noch immer gebe es zu viel illegale Migration. Das Dublin-System, wonach Asylsuchende in dem Land registriert werden, in dem sie die EU zuerst betreten, funktioniere nicht. Romann plädierte für Asylvorprüfungen undZurückweisungen an der EU-Außengrenze.

Der Kontext

Seehofer äußerte sich auf der Polizei-Fachkonferenz, die in diesem Jahr den Titel „Rechtsstaat durchsetzen“ trägt. In der Einladung heißt es: „In den vergangenen Jahren hat eine Erosion des Rechtsstaats stattgefunden.“ Dazu zählen die Veranstalter neben „Parallelgesellschaften“, Clans oder Darknet-Geschäften auch den Rechtsextremismus.

Seehofer ging auf den umstrittenen Titel sofort ein. „Wir haben den besten Rechtsstaat, den es jemals in Deutschland gab“, stellte er klar. Es sei der Einsatz der Polizei, der dafür sorge. Aber auch die EU halte den Rechtsstaat hoch. Damit dies so bleibt, müsse für Feinde des ­Rechtsstaats aber tatsächlich „null Toleranz“ gelten, betonte Seehofer. So wie jüngst beim Verbot der rechtsextremen Gruppe „Combat 18“ geschehen, lobte sich der CSU-Mann.

Zudem kündigte er noch ein neues Bundespolizeigesetz an, dass den Beamten auch das Mitlesen von verschlüsselter Onlinekommunikation und Online-Durchsuchungen erlaubt. Den strittigen Einsatz von Software zur Gesichtserkennung nahm Seehofer kürzlich wieder aus dem ­Gesetzentwurf.

Die Reaktionen

Die kroatische Innenministerin ­Terezija Gras, deren Land momentan die EU-Ratspräsidentschaft innehat, sagte Seehofer eine enge Kooperation bei Sicherheit und Migration in Europa zu. Sie wolle Frontex schneller aufstocken. Abschiebungen müssten „systematischer“ erfolgen. Zuvor hatte bereits Gilles de Kerchove, EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung, in der taz eine stärkere Zusammenarbeit in Europa im Kampf gegen den Rechtsterrorismus gefordert. Die Gefahr sei hier gewachsen, wie die jüngsten Anschlägen in Deutschland zeigten, warnte er. Es brauche eine Bekämpfung „mit der gleichen Schlagkraft wie gegen den sogenanntenIslamischen Staat oder al-Qaida“.

Die Konsequenz

Bundesinnenminister Seehofer versprach auf dem Kongress, dass Deutschland, wenn es im Sommer die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, das Thema Sicherheit zum Schwerpunkt machen werde.Konrad Litschko