Gebühren für Maßnahmen der Polizei: Bezahlte Repression

Die Bundespolizei hat eine besondere Gebührenordnung eingeführt. In Konflikt mit der Staatsmacht zu kommen, kann nun extra teuer werden.

Polizisten laufen Streife im Bahnhof Friedrichstrasse

Die Bundespolizei erhebt nun Gebühren für sogenannte vermeidbare Einsätze Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

Sie sind auf einer Auswärtstour ihres Lieblingsvereins und fahren mit dem Zug in der Stadt des Erzfeindes ein. Vor lauter Begeisterung zünden Sie einen Bengalo. Wenn es schlecht läuft, erwischt sie die an Bahnhöfen zuständige Bundespolizei. Sie werden festgehalten, ihre Personalien aufgenommen, im schlimmsten Fall werden sie sogar noch auf die Wache mitgenommen und bis nach Spielende festgehalten. Sie müssen sich auf eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz einstellen. Strafe genug. Sollte man denken.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) denkt aber anders. Unbemerkt von der Öffentlichkeit hat das Bundesinnenministerium (BMI) diesem Szenario noch etwas hinzugefügt: eine Strafe vor der Strafe. In einer im Oktober in Kraft getretenen Verordnung wurde festgelegt, dass sie für die nicht bestellte Polizeidienstleistung auch noch zahlen müssen. Die Identitätsfeststellung: 53,75 Euro. Die Anordnung zur Gewahrsamnahme: 74,15 Euro. Eine Viertelstunde Fahrt auf die Wache: 15,69 Euro. Erkennungsdienstliche Behandlung mit Fotos und Fingerabdrücken: 59,50 Euro. Jede Viertelstunde in Gewahrsam: 6,51 Euro.

Für einen stinknormalen Polizeieinsatz soll man also eine hohe dreistellige Summe auf den Tisch legen, noch bevor der Rechtsstaat über ihre Schuld befindet und die eigentliche Strafe verhängt. Fast verwunderlich, dass man nicht noch 10 Cent für jede angefallene Seite Papier berappen muss.

Besondere Gebührenverordnung des BMI“ nennt sich diese Schikane. Zur Kasse gebeten werde soll, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine „Gefahrenlage“ schafft. Blöd nur, dass der Großteil von Strafrechtsverstößen unter diese Kategorien fällt. Auch wenn sich das Bengalo von alleine entzündet, wird die Polizei von Fahrlässigkeit sprechen. Für die Staatskasse ist das gut. 2,78 Millionen Euro soll die Bundespolizei durch die Gebühren im Jahr eintreiben. Und wer weiß schon, ob die Polizei nun nicht auch mal die eine oder andere unnötige Maßnahme extra durchführt.

Die Polizeigewerkschaft frohlockt

Ganz unbekannt ist das Prinzip nicht. Wer etwa als Betrunkener aufgegriffen wird, muss für den Polizeieinsatz und die Unterbringung in der Ausnüchterungszelle schon jetzt zahlen. In Berlin kostet das Gewahrsam für „hilflose, nicht vorläufig festgenommene Personen“, also Betrunkene oder Berauschte, 208,89 Euro zuzüglich der Fahrt auf die Wache. Nachts wird es teurer. Damit hat es sich dann aber auch, denn betrunken zu sein, ist ja – noch – nicht verboten. Weil der Polizeieinsatz hier mehr eine Hilfe darstellt als eine Drangsalierung, kann man sogar ein gewisses Verständnis dafür aufbringen.

Dass die Bundespolizei nun aber ihre ureigensten Tätigkeiten, die die BürgerInnen mit ihren Steuer schon längst finanziert haben, mit einem zusätzlichen Preisschild versieht, ist als Ausuferung eines repressiven Polizeistaats zu verstehen. Kein Wunder also, dass etwa die Deutsche Polizeigewerkschaft bereits vor der Verabschiedung frohlockte: „Das kann teuer werden!“ Und das kann es wirklich. In NRW sind inzwischen die ersten Rechnungen verschickt worden. Wie die Westdeutsche Zeitung berichtet, soll eine Frau nun 550 Euro blechen, weil sie am Düsseldorfer Hauptbahnhof ihren Koffer vergessen hatte. Als sie nach einer halben Stunde ausfindig gemacht wurde, war der Fundort bereits abgesperrt und ein Sprengstoffhund unterwegs.

Die Fans der Maßnahme freut auch, dass Abschiebekosten für „illegal“ Eingereiste leichter umgelegt oder Fußballvereine für Einsätze bei Spielen zur Kasse gebeten werden können. Ein Rechtsstaat, den man sich leisten können muss.

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