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: Bedroht von der „eigenen“ Szene

Das klingt erst mal bitter: Die linke taz (!) wird auf der linksradikalen (!!) Demo für Pressefreiheit (!!!) bedroht, und das von einem Typen mit „Good night, white Pride“-Hoodie. Auf Twitter ist die Schadenfreude groß: „Tja, sind eure Abonnenten“, schreibt einer. Ein anderer: „Ist es nicht die Klientel für die ihre linke Zeitung schreibt?! Also zumindest für die die lesen können.“

Was war geschehen? Kurz bevor am Samstag in Leipzig die Soli-Demo für die linksradikale Plattform Indymedia mit Stein- und Böllerwürfen auf Polizisten und einem Supermarkt endete, drohte mir ein linksalternativ gekleideter Macker: „Noch ein Foto und das Handy ist weg.“ Auf den Hinweis, dass das eine Demo für Pressefreiheit sei, präzisierte er: „Noch ein Foto, dann hau ich dir aufs Maul und das Handy ist weg.“ Wenige Minuten später nietet er den Kameramann von Spiegel TV um. Die Reaktionen auf Twitter zeigen vor allem eins: Der Typ ist nicht der Einzige, der Pressefreiheit nicht verstanden hat. Da ist einmal der rechte Triumph, „die Linke“ wende sich nun „gegen ihre eigene Presse“ – als sei die taz Eigentum der linken Szene.

Die linke Szene muss sich mit ihrem Verhältnis zur Presse in Zeiten verschärfter Polizeigesetze auseinandersetzen. Wenn Linke die Übergriffe verteidigen, weil gefilmten Demonstrant:innen Repression droht, dann ist das zwar auch Indiz eines zunehmend autoritären Staats. Es verdreht aber auch das Demo-Motto von „Pressefreiheit verteidigen, den autoritären Staat angreifen“ zu „die Presse autoritär an­greifen“. Helke Ellersiek

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