brief des tages
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Willkür oder Strukturversagen

„Ohne Hilfe geht es immer noch nicht“, taz vom 18. 1. 20

Irgendwo klein im Artikel steht der Betrag, von dem ein zur Ausreise verpflichteter Ausländer leben muss, der nicht freiwillig ausreist, obwohl er angeblich könnte: 167 Euro monatlich für Essen und Hygiene einer erwachsenen Person. Diese Zahl ist ein Skandal. Denn sie bewirkt meines Erachtens das Gegenteil: Der Ausländer hat überhaupt keine Chance, seine Ausreise zu organisieren. Er wird paralysiert. Er hat gar kein Geld, um zu telefonieren oder seine Botschaft zu besuchen. In den Landkreisen Bautzen und Meißen ist das Sachgebiet Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz der Aus­län­der­behör­de zugeordnet. Die Leistungen sind da Teil der Gefahrenabwehr. Die Fallzahlen in Bautzen und Meißen weichen daher extrem ab. Das Sozialgericht Dresden sah sich veranlasst, bei der zuständigen Aufsichts­behörde auf ein Ein­schrei­ten zu dringen, weil Entscheidungen nach Urteilen nicht umgesetzt wurden und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden mussten. Das an sich schon diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz wird in diskriminierender Weise angewandt. Torsten Dirk Hübner, Dresden