Macron macht leichte Zugeständnisse: Rentenreform ohne Alter

Der französische Präsident Emanuel Macron macht beim Gesetzentwurf für die Rentenreform leichte Zugeständnisse – und warnt vor einer Eskalation.

DemonstrantInnen auf einer Straße in Marseille.

Seit 50 Tagen gegen die Rentenreform: Demonstrantinnen in Marseille Foto: Daniel Cole/ap

PARIS taz | Der Ministerrat unter Leitung von Staatspräsident Emmanuel Ma­cron hat am Freitag den Text der Gesetzesvorlage für die geplante Reform des bisherigen Systems der Renten verabschiedet. Damit liegen die Karten in einem seit Wochen andauernden Streit über die Rente auf dem Tisch. Premierminister Édou­ard Philippe ist der Meinung, dass es ihm gelungen sei, den Konflikt mit den Gewerkschaften auszusitzen, ohne wesentliche Abstriche zu machen.

Die Vorlage beinhaltet die Vereinigung der heute 42 separaten Kassen in einer einzigen, die Umstellung auf ein Punktesystem zur Berechnung der Höhe der Renten während des ganzen Erwerbslebens statt anhand der 25 besten Jahre im Privatsektor oder der letzten sechs Monate für die Beamten sowie eine geringfügige Erhöhung der Mindestrenten. Der langfristig wichtigste Punkt der Reform besteht darin, dass in Zukunft die Gesamtausgaben für die Renten den heutigen Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 14 Prozent nicht übersteigen sollen.

Die ursprünglich angekündigte schrittweise Einführung einer Erhöhung des Rentenalters auf 64 Jahre steht dagegen nicht mehr explizit in dem Text. Dieser überträgt aber der Regierung die Kompetenz, je nach Finanzlage die Altersgrenze für den Ruhestand mit dem Anspruch auf eine volle Pension anzupassen – es sei denn, die Sozialpartner einigen sich auf eine andere Lösung zur langfristigen Finanzierungen der Renten. Die Gewerkschaften und die linke Opposition sind gegen diese Reform.

Nach 50 Tagen Demos und Streiks im öffentlichen Verkehr und im Gesundheitswesen, in der Verwaltung, in den Schulen, Kraftwerken sowie Blockaden in den Häfen und vor Raffinerien machen sich aber bei den Gegnern Ermüdungserscheinungen und der Druck der finanziellen Einbußen bemerkbar. Sie haben die öffentliche Meinung angeblich auf ihrer Seite, da laut einer letzten Umfrage für den Fernsehsender BFM-TV 61 Prozent gegen diese Reform sind.

Misstrauen gegenüber Macron

Negativ für die Regierung wirkte sich aus, dass eine „Im­pact“-Studie über die absehbaren positiven oder negativen Folgen für die verschiedensten Kategorien und Jahrgänge mit Fallbeispielen erst am Freitag publiziert wurde. Diese soll es allen ermöglichen, zu prüfen, ob sie zu den Gewinnern oder Verlierern des neuen Systems gehören. Alle haben aber bereits verstanden, dass sie für gleich viel oder weniger länger arbeiten sollen als bisher.

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In Frankreich arbeitet bislang weniger als ein Drittel der 60- bis 64-Jährigen. Der Mangel an Transparenz beim Vorgehen der Regierung, die heute einräumt, dass viele Punkte noch geklärt werden müssten, hat das Misstrauen noch verstärkt.

Die Zehntausenden, die am Freitag erneut demonstriert haben, wollen daran glauben, dass die Bewegung unvermindert weitergeht und dass Präsident Macron zur „Einsicht“ kommt und die Reform doch noch zurückzieht. Der Staatschef warnte dagegen seine Gegner, in ihrer Wut auf eine gewaltsame Eskalation zu setzen. Er hat persönlich in den letzten Tagen Morddrohungen erhalten. Und bei einem Theaterbesuch vor einer Woche versuchten Demonstranten, den Saal zu stürmen.

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