Jan-Paul Koopmann
Popmusik und Eigensinn
: Die Sache mit Gott

Foto: privat

Gute Laune geht auch wieder vorbei. Und abgesehen von den üblichen, gibt es am Samstagabend gleich zwei besondere Gründe für ein ausgewachsenes Stimmungstief, auch wenn sie einander ausschließen. Denn entweder hat man keine der längst ausverkaufen Karten für Nick Cave in der Glocke mehr bekommen – oder man ist tatsächlich dort und wird dann der Texte wegen traurig. Gesungen werden die diesmal nur zum Teil: „Conversations With Nick Cave – An Evening Of Talk And Music“ steht auf dem Programm. Der australische Musiker und Dichter wird nicht nur am Klavier sitzen, sondern auch das direkte Gespräch mit dem Publikum suchen, um über die Kunst zu sprechen und das Leben.

Letzteres klang bei Cave zwar noch nie sonderlich ausgelassen, zuletzt ging es dann aber doch hart ans Existenzielle: der Tod seines Sohnes Arthur hatte bereits Nick Caves letzten beiden Alben „Skeleton Tree“ und „Ghosteen“ bewegt. Die Musik klang deutlich sperriger und die allegorische Verpackung der Düsterthemen hatte mindestens tiefe Risse bekommen. Schmerzhaft war’s, dem zuzuhören – mitunter kaum zu ertragen.

Wenn Cave nun sagt, nicht nur die Kunst, sondern ausdrücklich auch das Miteinander mit den Fans habe geholfen, dann ist das sicher mehr als nur ein charmanter Spruch. Schon in seinem Online-Format „The Red Hand Files“ zeigt sich der Künstler ungewöhnlich offen, verabschiedete die Kunstfigur, bei der man nie wirklich wusste, was nun eigentlich Sache war. Zum Beispiel diese Sache mit Gott.

„I don’t believe in an interventionist god“, heißt es in „Into My Arms“ von 1996: ein Satz, der auf den ersten Blick kaum klarer sein könnte, dann aber doch mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet. Was ist denn mit Göttern, die nicht intervenieren? Gibt es die? Und wären das überhaupt welche? In der von Nick Cave über inzwischen 17 Studioalben mit bemerkenswerter Konsistenz entwickelten Erzählwelt kommt Gott jedenfalls oft vor. In einem seiner Filme charakterisiert er sein Tod-und-Teufel-Storytelling sogar ausdrücklich derart, dass die Geschichten allesamt in einer Welt spielten, in der Gott existiert.

Aber so ist es ja: Die Banalität, dass Autor und Erzähler nicht identisch sind, lässt sich leicht zu dem Trugschluss aufschäumen, beide hätten nichts miteinander zu tun. Es ist kein lyrisches Ich, dessen Kind von der Klippe gestürzt ist – dass es vorher eben solche grauenhaften Geschichten erzählt hat, macht die Sache nicht einfacher. Und schon gar nicht weniger traurig.

Sa, 25. 1., 20 Uhr, Die Glocke