Weltwirtschaftsforum in Davos: Korrupte Politiker auf großer Bühne

Libanons Ex-Außenminister Bassil aus Davos auszuladen wäre falsch. Stattdessen muss er kritisch befragt werden.

ein Mann mit grauem kurzen Haar und hebt die Hand

Nicht einfach freundlich durchwinken: den Ex-Außenminister Libanons Gebran Bassil Foto: ap/Bilal Hussein

Der ehemalige Außenminister Libanons, Gebran Bassil, spricht am Donnerstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Bassil, Schwiegersohn des libanesischen Präsidenten, steht wie kein anderer für die Korruption und Misswirtschaft im Land. Er stand im Fokus der Protestierenden, die wochenlang Schimpfwörter gegen ihn sangen.

Bassil sitzt nicht nur im Zentrum derer, die das Land durch Vetternwirtschaft an den Rand des Staatsbankrotts gebracht haben, er ist auch bekannt für seine rassistische Politik gegen Palästinenser*innen und syrische Geflüchtete, die in Libanon unter ausbeuterischen Verhältnissen illegal beschäftigt werden.

Das alles privilegiert ihn nicht ­gerade dazu, in Davos zu sprechen. Falsch wäre es dennoch, den Politiker, den viele Libanes*innen nicht als ihren rechtmäßigen Vertreter anerkennen, wieder auszuladen. Dann müsste man auch US-Präsident Donald Trump oder rücksichtslose Wirtschaftsbosse ausladen.

Die Ironie ist, dass Bassil nicht kritisch zur katastrophalen Wirtschaftspolitik der politischen Elite befragt wird – sondern stattdessen als einziger Araber auf dem Podium über die „Rückkehr der arabischen Aufstände“ sprechen wird. Der Fokus des Panels soll darauf liegen, wie die Proteste in einen „positiven Strategieplan für politischen Wandel“ übersetzt werden können. Das wird nun ausgerechnet mit einem Minister diskutiert, dessen Übergangsregierung mit Menschenrechtsverletzungen gegen Protestierende aufgewartet hat.

Während es für Journalist*innen im Land unmöglich ist, die Politiker zur Verantwortung zu ziehen, sollten das Publikum und die Wirt­schafts­journalist*innen in Davos den Ex-Minister nicht hofieren, sondern die Plattform für kritische Fragen nutzen. Denn die Besetzung des neuen Kabinetts im Libanon zeigt, dass die politische Klasse, der Bassil angehört, keinerlei Interesse an einem Wandel hat, sondern mit Gewalt den Status quo wahrt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.