SPD-Angriffe auf Baustadtrat Schmidt: Bezirk weist Vorwürfe zurück

Es habe keine Akten-Manipulation gegeben, erklärt das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Baustadtrat Schmidt entschuldigt sich für „formale Fehler“.

Baustadtrat Florian Schmidt steht hinter einem Pult

„Meine Aussagen waren misslich“: Florian Schmidt (Grüne) entschuldigt sich Foto: dpa

BERLIN taz | Der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg Florian Schmidt (Grüne) hat sich für Fehler im Umgang mit Akten zur Genossenschaft „Diese EG“ entschuldigt. Es handle sich um zwei „formale Fehler“. „Für diese Versäumnisse übernehme ich die Verantwortung und entschuldige mich“, erklärte Schmidt am Montagnachmittag in einer Mitteilung des Bezirksamts. Zudem entschuldigte er sich für Äußerungen „im Rahmen einer hitzigen Debatte“.

Die SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hatte Schmidt am Freitag vorgeworfen, Akten um die Vorgänge zum Vorkaufsrecht zugunsten der Diese EG nicht vollständig zur Verfügung gestellt zu haben. Sie forderte, „unverzüglich“ die vollständigen Akten vorzulegen. Würde Schmidt das nicht bis 27. Januar tun, „ist sein Rücktritt unvermeidlich“. Überschrieben war die SPD-Mitteilung mit: „Baustadtrat Schmidt gibt Aktenmanipulation zu.“

Das Bezirksamt wies am Montag die Vorwürfe „entschieden“ zurück, dass Akten verändert oder Bestandteile herausgenommen worden seien. Allerdings sei es zu „formalen Fehlern“ gekommen. Der SPD-Fraktion, die eine vollständige Akteneinsicht zur Diese EG beantragt hatte, sei „verspätet mitgeteilt und begründet“ worden, dass drei Akten vorläufig nicht gezeigt werden könnten. Die SPD hatte am 10. Januar die Unterlagen gesichtet. Zudem fehlte bei einer Akteneinsicht der FDP-Fraktion im August 2019 die Seitennummerierung. Dieser Fehler wurde laut Bezirksamt inzwischen behoben.

Grüne stützen Schmidt

Die Berliner Grünen stellten sich am Montag hinter den Baustadtrat. „Es sind formale Fehler passiert, die müssen aufgeklärt werden“, sagte Parteichef Werner Graf der taz, betonte aber zugleich: „Dies ist keine Staatsaffäre. Florian Schmidt ist ein hervorragender Stadtrat.“

Die grüne Fraktion Friedrichshain-Kreuzberg, die am Samstag ebenfalls ihre Unterstützung für Schmidt ausgesprochen hatte, wollte sich am Montagabend auf ihrer regulären Sitzung mit dem Fall beschäftigen. In Anwesenheit von Florian Schmidt. Jener hat sich seit Beginn seiner Amtszeit 2016 mit dem Einsatz für MieterInnen im Bezirk politisch profiliert und dabei auch neue Instrumente zuungunsten von Investoren ausprobiert – was der Opposition im Bezirk, aber auch Teilen der SPD in Bezirk und Land missfällt.

Eigentlich schien der Streit um die Diese EG schon überstanden zu sein. Die Genossenschaft war im Mai gegründet worden, um den Bezirken zu helfen, das Vorkaufsrecht für Mietshäuser wahrnehmen zu können, wenn diese für landeseigene Wohnungsbaugenossenschaften zu teuer erschienen. Sie war im Herbst in eine schwere Schieflage geraten, nachdem vereinbarte Zuschüsse des Landes für mehrere Häuser anfangs nicht ausgezahlt wurden.

In Krisensitzungen, an denen auch Senatsverwaltungen beteiligt waren, wurde eine Lösung gefunden. Laut Schmidt konnten mit dem Finanzmodell der Genossenschaft 169 Wohnungen vor Investoren gerettet werden. Weitere Vorkäufe zugunsten der Diese EG schloss der Stadtrat aber vorerst aus: „Sie wird sich jetzt konsolidieren“, sagte er Anfang Januar der taz.

Die Bezirks-SPD, tendenziell eng verbandelt mit der Immobilienlobby, verlangte weitere Aufklärung und Akteneinsicht. „Bei der Durchsicht entstand der Eindruck, dass die Akten trotz durchgehender Paginierung nicht vollständig sind“, heißt es in der Mitteilung vom Freitag. Dies habe Schmidt in einer gemeinsamen Fraktionssitzung von Grünen, Linken und SPD, die im Bezirk eigentlich zusammenarbeiten, auch bestätigt. Er habe dies laut SPD damit begründet, dass er verhindern wollte, dass die Akten von CDU und FDP instrumentalisiert und von einem Redakteur des Tagesspiegels für eine Kampagne genutzt werden würden.

Florian Schmidt, Grüne

„Meine Aussagen im Rahmen einer hitzigen Debatte waren misslich und unangebracht“

Am Montag entschuldige sich Schmidt für diese Behauptung. „Meine Aussagen während einer internen Fraktionssitzung im Rahmen einer hitzigen Debatte waren misslich und unangebracht“, sagte er laut der Mitteilung des Bezirksamts.

Bereits in der Nacht auf Samstag hatte er die SPD-Vorwürfe zurückgewiesen. Zwei Akten könnten nicht gezeigt werden, da nicht auszuschließen sei, dass eine Akteneinsicht dem Wohle des Landes Berlin oder den Belangen weiterer Beteiligter Nachteile bereiten würde, teilte er mit. Das sei laut Bezirksverwaltungsgesetz möglich. Eine weitere Akte sei noch nicht fertig gewesen. „Sobald die Prozesse abgeschlossen sind, wird das Bezirksamt den Verordneten der BVV Einsicht in die Akten gewähren“, hatte Schmidt Freitagnacht angekündigt. Das Bezirks­amt teilt diese Einschätzung.

Auch die SPD twittert

Der Konflikt hat die Landesebene erreicht. Es wäre schön, wenn der sonst so sprachgewaltige Schmidt die Sache aufklären oder zu Fehlern stehen würde, twitterte Sven Kohlmeier (SPD), Mitglied des Abgeordnetenhauses. Die CDU erwägt, einen Untersuchungsausschuss zu fordern.

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