Meghan und Harry verkünden Rückzug: Royal Class Heroes

Meghan Markle und ihr Ehemann Prinz Harry wollen Teile ihre royalen Verpflichtungen aufgeben. Die Entscheidung hat ein empowerndes Moment.

Meghan Harry und die Queen sitzen auf Stühlen

In Zukunft kann die Queen wohl deutlich seltener mit Harry und Meghan auftreten Foto: John Stillwell/ap

Der Brexit ist noch nicht vollzogen, schon wird in Großbritannien über einen weiteren Austritt diskutiert. Am Mittwochabend gaben Prinz Harry und Herzogin Meghan bei Instagram bekannt, sich weitgehend von ihren royalen Verpflichtungen zurückzuziehen. Sie begründeten ihre Entscheidung damit, „finanziell unabhängig werden“ und ihre Zeit zwischen Nordamerika und dem Vereinten Königreich aufteilen zu wollen. Sie würden die Queen und ihre Familie weiterhin unterstützen, doch es ginge ihnen darum, „eine progressive neue Rolle für sich innerhalb der Monarchie zu finden“.

Laut BBC sei der Palast „enttäuscht“, die Mitglieder des Königshauses seien „entsetzt“, ihre Entscheidung sollen sie weder mit der Queen noch mit dem Prinz von Wales abgesprochen haben. Dabei ist der Rückzug des Paares nicht überraschend, haben die beiden doch schon mit vielen Prämissen des britischen Königshauses gebrochen. So haben sie sich erstens immer wieder gegen den Leitspruch „Never complain, never explain“ („Beschwere Dich nicht, erkläre dich nicht“) gestellt. Zweitens ist ihr Rückzug vollkommen nachvollziehbar, bedenkt man, wie die Boulevardpresse mit Meghan Markle umgegangen ist – und wie wenig Rückhalt sie aus der royalen Familie bekommen hat. Die Ankündigung des Paares kann also nur als empowerndes Moment verstanden werden.

Um die Schwierigkeiten mit ihrer öffentlichen Rolle geht es auch in der Dokumentation „Harry und Meghan – eine afrikanische Reise“. Der TV-Reporter Tom Bradby begleitete die beiden mit ihrem Kind Archie von Ende September bis Anfang Oktober des letzten Jahres bei ihrer zehntägigen Tour durch verschiedene afrikanische Länder. Die Offenheit der beiden wurde von einigen als „respektlos“ bezeichnet, von wiederum anderen als „emanzipatorisch“.

Insbesondere zielen Harry und Meghan bei ihrer Kritik auf den Umgang der britischen Boulevardpresse mit ihnen ab. Diese berichteten zuletzt, das Paar würde zu sehr auf ihre Privatsphäre pochen, als sie über Weihnachten und Silvester sechs Wochen Auszeit genommen hatten und mit ihrem Sohn nach Kanada gereist waren.

Keine einfache Beziehung

Die Beziehung zwischen Boulevardmedien und den Royals ist kompliziert. Einerseits brauchen sie die Aufmerksamkeit in den Medien, doch gleichzeitig überschreiten Journalist*innen immer mehr Grenzen.

Das zeigt sich besonders im skrupellosen Umgang mit Meghan Markle. So kam es immer wieder zu rassistischen Äußerungen in der Berichterstattung über sie. So beschrieb die Daily Mail sie als Frau mit “exotischer DNA“ oder als “(almost) straight outta Compton“ . Danny Baker verlor seinen Job beim BBC Radio 5, nachdem er bei Twitter ein Bild es Schimpansen gepostet hatte mit der Bildunterschrift: „Das royale Baby verlässt das Krankenhaus“.

In einem offenen Brief verurteilten 72 britische Parlamentarierinnen den medialen Umgang mit der Herzogin und warfen der Presse „veraltete“ und „koloniale Untertöne“ in ihrer Berichterstattung vor. Doch verändert hat sich seitdem nicht wirklich etwas. Noch immer war Markle der Presse zu amerikanisch, zu multikulti, zu modern, zu verschwenderisch, zu wenig royal.

Das Paar wollte nicht wehrlos zugucken. Im Oktober 2019 verklagte Meghan Markle die Mail on Sunday, weil das Boulevardblatt ohne ihre Erlaubnis einen handschriftlichen Brief an ihren Vater abgedruckt hatte. Kurz darauf reichte Prinz Harry Klage gegen die Sun und den Daily Mirror ein wegen angeblichen Anzapfens der Mailbox seines Handys. Ob es zum Prozess kommt, ist in beiden Fällen noch nicht klar.

Doch Prinz Harry verbindet mit der Klage ein großes Anliegen. „Meine größte Angst ist, dass die Geschichte sich wiederholt“, erklärte der Herzog. „Ich habe meine Mutter verloren und sehe jetzt, wie meine Frau Opfer der gleichen mächtigen Kräfte wird.“ Obwohl das Paar in ihrem Statement auf Instagram nicht darauf eingeht, ist wohl auch diese Angst ein Beweggrund für ihren Rückzug von den royalen Verpflichtungen und den Wegzug nach Nordamerika.

Royale Turbulenzen

Das Paar will eine neue Charityorganisation gründen, mit einem Fokus auf Umweltthemen und weibliches Empowerment.

Wer kann es ihnen verübeln, mögen da wohl viele berechtigterweise denken. Doch die Kritik an der neusten Ankündigung von Harry und Meghan ist groß. Bei Twitter und Instagram fiel die Beurteilung zwiegespalten aus, neben Verständnis gab es auch beleidigende und enttäuschte Äußerungen, die sich besonders gegen Meghan Markle richten. Die Royal-Expertin Penny Junor findet das Vorhaben „außergewöhnlich und nicht durchdacht“. Der Journalist Piers Morgan geht noch weiter und kritisiert die „schändliche Art, die Queen zu behandeln“, und fügte hinzu: „Schande über Harry & Meghan.“

Zugegebenermaßen ist es für die Royals gerade keine einfache Zeit. Erst wenige Wochen ist der Skandal um Prinz Andrew, einem der Söhne von Queen Elizabeth II., alt. Diesem wurde nicht nur eine Freundschaft mit dem verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein nachgesagt, er wurde auch der mehrfachen Vergewaltigung beschuldigt. Virgina Giuffre sagte öffentlich aus, sie sei eine von Epsteins Sexsklavinnen gewesen und dreimal zum Sex mit dem Royal gezwungen worden, zweimal davon als Minderjährige im Jahr 2001.

Prinz Andrew stritt alle Vorwürfe ab und redete sich – besser kann man es nicht ausdrücken – in einem BBC-Interview um Kopf und Kragen. Nachdem sich daraufhin verschiedene Firmen und Einrichtungen von ihm distanzierten, bat er im November 2019 die Queen darum, ihn bis auf Weiteres von seinen öffentlichen Aufgaben zu entbinden. Diesem Wunsch kam die Queen noch am gleichen Tag nach.

Aus diesem Grund wollen wohl nun BBC und ITV die angekündigte Hochzeit seiner Tochter Prinzessin Beatrice und ihrem Verlobten Edoardo Mapelli nicht im Fernsehen ausstrahlen. Es wäre mal wieder eine positive Nachricht aus dem Königshaus gewesen.

Fortschrittliche Rolle in der Monarchie

Meghans und Harrys freiwilliger Rückzug ist historisch einmalig. Zwar erinnert er ein wenig an den (politisch sehr schwierigen) König Eduard VIII., der 1936 abdankte, um die US-Amerikanerin Wallis Simpson zu heiraten. Da Simpson zweimal geschieden war, konnte der König – der gleichzeitig auch das Oberhaupt der anglikanischen Kirche ist – sie nicht heiraten und gleichzeitig seinen Königstitel behalten. Doch so einen Balanceakt, wie Meghan und Harry ihn nun vollziehen wollen, gab es bisher noch nicht.

Eine reale Angst um eine Thronfolger*in muss das Königshaus auf jeden Fall nicht haben, denn Harry nimmt aktuell nur Platz 6 in der Liste der Anwärter*innen ein. Vor ihm stehen sein 71-jähriger Vater Prinz Charles, sein Bruder Prinz William und dessen drei Kinder. William, mit dem Harry zurzeit ein, sagen wir mal angespanntes Verhältnis führt, ist ein Vorzeigeprinz mit Vorzeigefrau, der die Rolle des Königs gern in Anspruch nehmen wird. Die Ankündigung von Meghan und Harry hat also eher eine symbolische als eine reale Auswirkung auf das Königshaus – und stellt gleichermaßen erneut die Debatte in den Raum, wie zeitgemäß eine Monarchie im 21. Jahrhundert eigentlich ist.

Erste Veränderungen haben die ehemalige Schauspielerin Meghan („Suits“) und Harry schon ankündigt, beispielsweise eine neuen Medienumgang. Künftig wollen sie mehr über Instagram mit den Fans des Königshauses kommunizieren und ansonsten auf Nachwuchsjournalist*innen und Organisationen setzen, die mehr über ihre Inhalte der jeweiligen Auftritte als über sie als Personen berichten. Also weniger Klatsch-, mehr Charityberichterstattung. Denn auch das steht schon fest: Das Paar will eine neue Charityorganisation gründen, mit einem Fokus auf Umweltthemen und weibliches Empowerment.

Außerdem wollen sie künftig keine Zuwendungen mehr aus dem Soverein Grant, mit dem die britischen Steuerzahler einen Teil der Ausgaben der Royals finanzieren, in Anspruch nehmen und stattdessen mit eigenem Einkommen für sich selbst sorgen. Woher das kommt oder ob sie wie bisher aus dem Privatvermögen Prinz Charles mitfinanziert werden, ist offen.

Aber wie könnte ihre fortschrittliche Rolle in der Monarchie aussehen? Ist das nicht sowieso ein Oxymoron? Wie es genau mit ihnen weitergeht, müssen Meghan und Harry noch mit der Königsfamilie aushandeln. Der Buckhingham-Palast kommentierte die Entscheidung bisher nur kurz und knapp, dass sich diese noch „in einem frühen Stadium“ befinde und dass es eine „komplizierte Angelegenheit (sei), deren Bearbeitung einige Zeit in Anspruch nehmen wird“. Vermutlich wird am Ende noch der Brexit schneller vollzogen werden als dieser königliche (Halb-)Austritt.

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